Gegenstand
der
Bildnerci.
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zu erfüllen ausser den allgemeinen Schönheitsanforderungen: gegen den
Stoff nicht zu verstossen und das Bild in schönster und umfassendster
Weise auszudrücken.
Auf die lebendige beseelte Natur wirft sich also die Bildnerei, des
Schönheitsdranges und der Sehnsucht voll, dieselbe wiederzugeben.
Zuliöchst steht darin der Mensch, dann kommen die Thiere. Schon
darum sind Thier und Mensch das Höchste für die Plastik. Aber haben
wir nicht auch in der Vegetation ein wunderbares Reich des Schönen
gefunden? Vermittelt sie nicht vom todten Gestein hinüber zu den
freien Wesen, die losgelöst von der Erde auf derselben wandeln? Ist
sie der Bildnerei nicht zugänglich? Die Bildnerei ergreift auch die
Vegetation, aber freilich stellen sich ihr des Stoffes wegen, dann auch
aus inneren Gründen viele Schwierigkeiten entgegen, so dass sie sehr
beschrankt wird und nur in "höchst bedingter Weise sich mit ihr be-
sehäftigen kann. Die Bildnerei nimmt festen, dauernden Stoff. Ihr
bestes Material findet sie in Stein und Erz. Abgesehen nun von der
Willkür, die wir neben dem Zwang in der Vegetation gewahrten, von
der Unbestimmtheit der Zweige, Blätter u. dgl., wodurch eine schöne
Nachbildung der blossen Form sehr erschwert wird, finden wir den Reiz
der Vegetation hauptsächlich in dein leichten, saftigen, farbigen Blätter-
schmuck, in der Farbenpracht der Blumen, in den Lichtern und Schatten,
in den Reflexen der Blattermassen. Wie mit schwerem, einfarbigein
Stoffe da nachkommen? Eine Nachbildung, gar eine Verschönerung
wird darin unmöglich. Nur diekblättrige Gestaltungen, etwa Oaetus-
arten, dann solche überhaupt mit einfaclistem Bau, bieten sich dar.
Manche Palmen z. B. breiten auf dem einfachen, regelmässig beschupp-
ten Stamm eine einfache Blätterkrone aus; die Blätter gross, schwer,
dick. Hier kann die Bildnerei die einfachen Formen ohne zu grosse
Schwierigkeit nachbilden; namentlich die Erzbildnerei hat es auch ge-
Uran. Auch die einzelne schöne Blume bietet sich häufig durch ihre
Form dar, oder Blätter und Ranken sind bildnerisch zu benützen und
Werden vom Stein- und Metallarbeiter künstlerisch dargestellt. Aber
man nehme eine Eiche. Wie diese Willkür der Rinde, der Formen in
Stamm, Aesten, Zweigen, wie diese Unzahl der Blätter bilden? Mühe
und Erfolg würden sich in keiner Weise entsprechen. Aber die Bildnerei
braucht ja nicht durchaus in schwerem Stoffe zu arbeiten? Will sie
nicht der Malerei dieses Gebiet überlassen, welche durch die Arbeit in
einem Material, das die grösste Freiheit gestattet und einer Hauptschön-
heit der Vegetation entspricht, die Willkür wie die angeführten Schön-
heiten vollkommen beherrschen kann, so muss die Bildnerei zu
Zusammensetzungen leichten, farbigen Materials greifen. Beim Blumen-
lnachen geschieht dieses. Die Stellung der Vegetation weist dieser
äxunst ihren Bang an zu dem Bildner, der das edelste, höchste Geschöpf
er Natur in Schön-heit darzustellen versteht- Die höhere Plastik be-