Volltext: Populäre Aesthetik

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Die Bildnerei 
in schwerem Kampfc der Arbeit des Bauens gebiindigt hat. Von innen 
baut die Architectur, bis sie die Form erreicht hat, die sie geben will 
oder geben muss. Gleichsam im Wesen des Unorganischen arbeitet 
sie, dessen Widerspenstigkeit zwingend. Die Bildnerei in ihren höchsten 
Erscheinungen arbeitet von aussen, bis sie auf die Form stösst. Das 
Innere ihres Materials kümmert" sie nur im Allgemeinen. Das Seiende 
im Gegensatz zum Wesen der Baukunst und zum Scheine der Malerei 
lasst sich als ihr Gebiet bezeichnen. Sie ist eine ausserliehe Kunst. 
Aber diese Aeusserliehkeit ist wohl zu verstehen. Nur in Bezug auf 
die Form ist sie es. Ich sagte schon früher, in welcher tiefen Inner- 
lichkeit des Geistes sie wie jede Kunst schaift. Sie versenkt sich in das 
Wesen, in den Kernpunkt des Darzustellenden; von dort aus dringt sie 
zu den Formen vor. Diese, die lebendig geschaffenen, geistig erar- 
beiteten Grenzen des Innern, sind das Vorbild. Sie erschaut sie in dem 
als Stoff benutzten Material, und bis auf diese Formen bildet sie ihn. 
Freilich sind die niedersten Bildungen hierunter nicht begriffen, Bil- 
düngen, wie wir sie schon bei der Architectur als Vorarbeiten für die- 
selbe sahen, wie wir sie dann auch schon in der technischen Kunst 
berührt haben. Der Steinsehleifer und der Steinhauer bilden, der 
Töpfer bildet, aber sie stecken noch im Stotf, dessen Gesetzmässigkeit 
sie in schöner Weise zu zeigen haben. Wo das Organische aber von 
der Bildnerei (Plastik) ergriffen wird, da tritt der Stoff zurück; er ist 
Nebensache geworden; er wird fortgearbeitet, wird, wie man es ausge- 
drückt hathvernichtet. Kaum braucht bemerkt zu werden, dass diese 
sogenannte Vernichtung des Stoffes nicht dadurch bewirkt wird, dass 
man ihm Gewalt anthut und ihn zu Leistungen zwingen will, die er 
nicht erfüllen kann, die seinem Wesen, seiner Gesetzmässigkeit wider- 
sprechen, sondern dadurch, dass man die Grundgesetzmassigkeit voll- 
kommen wahrt, ohne aber dieselbe betonend hervorzuheben. Sie muss 
da sein, oder man wird sie vermissen; aber man muss sie vergessen, 
wenn sie da ist. Man ist am wenigsten gestört oder gar nicht gestört, 
wenn Jemand eine stille vernünftige Arbeit ruhig und für sich neben 
Einem treibt. Er thut seine Pflicht; wir die unsere. Aber sowie sich 
Jemand verdrängt, unsere Aufmerksamkeit erwecken, sich zeigen will, 
sowie er auf unsere Beobachtung speculirt oder auch andererseits auf 
uns Rücksicht nehmend in peinlicher Stille und Gezwungenheit ver- 
harrt, um ja nicht unsere Aufmerksamkeit zu erregen und uns zu zer- 
streuen, sobald wird ein solches Beisammensein störend. So ist es in 
der Plastik. Die Gesetzmässigkeit des Stoffes, als erste die der Schwere, 
muss still für sich erfüllt werden; sie darf durchaus nicht fehlen, aber 
sich auch nicht bemerkbar machen. In ähnlicher Weise die weiteren 
Gesetzmässigkeiten, die den Stil bedingen. Die Schönheit des Organi- 
schen, die freie, lebendige Schönheit tritt vor; ihr dient das Umorgani- 
sehe. Diese zwei Bedingungen hat die Plastik (rrloivoszv, Engere, bilden)
	        
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