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Die
Baukunst.
klarsten Schmuck geben; diese Hervorhebung und zugleich Verbindung
geschieht etwa durch einen Wulst oder Gurt, der das Fundament mit
der Wand verbindet gleichsam ein Gurt auf einem Gurt, indem das
Fundament selber diese Function zwischen Erdboden und Haus erfüllt
und durch einen ähnlichen Gurt gegen das Dach, wenn dieses nicht
vorspringend ist, durch Stützen bei einem überhängenden Dache, die
in geeigneter Weise die Ueberleitung von der senkrechten Wandtläche
zu der Schrägen des Daches bilden.
So wäre die Höhe nach ihren wesentlichen Theilen gegliedert.
Was die Breite betrifft, so ergiebt sich hier keine Gliederung nach
den Hauptbestandtheilen. Aber der Eingang zum Hause, die Thür oder
das Thor, wird sich uns sogleich bieten. Sobald wir die Thür in die
Mitte des Hauses setzen, bekommen wir eine Dreitheilung eine
Mittelparthie und zwei symmetrische Seiten. Der offene Raum der
Thür, dann namentlich die Bedeckung derselben, die das ganze darüber
ruhende Gewicht der Wand zu tragen hat, ist auszuzeichnen. Ein
festerer, stärkererBau der Thürpfosten, welche saulen- oder pfeilergleich
die darüberliegende Last tragen, geschlossen durch einen Bogen oder
durch einen starken Holz- oder Steinbalken, oder auch ein einfacher
Gurt, der die Wand gegen die Oeffnung zusammenzufassen und zu
halten scheint, so wird sich je nach grösserer oder geringerer Wucht
der Wandmasse die ästhetische Auszeichnung mit der Zweckmassigkeit
verbinden. Will man ausser der Thür noch Luft- und Lichtlöcher an-
bringen, so kann dies in der verschiedensten Weise geschehen. Wem es
es auf das Herausschauen aus dem Hause nicht ankommt und wer keinen
Sonnenschein in dem Gemach zu haben wünscht, kann sie z. B. un-
mittelbar unter dem Dache anbringen, wobei auch noch der auf-
steigende Rauch vom Heerde des Hauses den geeignetsten Ausweg
findet. Will man hinausschauen und zugleich der Sonne grösseren Ein-
gang verschaffen, so-setzt man die Oeiinungen tiefer und macht sie
grösser. Sie heissen dann Fenster. Der ordnende Sinn wird dieselben
von der Ilauptöifnung des Hauses, von der Thür aus, bestimmen.
Jener oben beschriebene Bau vierseitig, mit Fundament, Wand,
Dach, die Thür in der Mitte, Luft- und Lichtlöcher am Dach ist
nicht ein Phantasiehäuschen sondern der griechische Tempel, in welchem
wohl das alte griechische Wohngebäude sich erhalten hat. Ein solches
Haus wird kühl und dunkel sein, sich also hauptsächlich für südliche
Gegenden eignen. Auf die Erschwerung des Hineinsteigens bei der
Höhe der Luftöifnungen will ich nur hinweisen. Freilich ist es für
keine Arbeit passend, die viel Licht erfordert. Licht und doch Schutz
zu gewinnen, ohne die Kühle und das Schattige des inneren Raumes zu
opfern, dazu ist am dienlichsten, einen offenen Raum zwischen den
Wänden vor der Thür zu lassen oder das Dach weit überstehend zu
bauen, so dass man in seinem Schutz vor Regen und den heissesten