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Die
Baukunst.
Aber der erfinderische Mensch blieb bei solchen Aushülfen für den
Steinban nicht stehen, den er wegen der Festigkeit, Sicherheit vor
Feuer n. s. W. besonders gern anwandte. Er lernte mit Steinen einen
Raum überdecken, indem er dieselben überkragte, das heisst die Steine
der höheren Schichte stets um etwas über die unteren Schichten vor-
stehen liess, bis die Reihen gegeneinander stiessen. (Fig. 7.)
Alle Schwierigkeiten jedoch waren gehoben, als man den Gewölbe-
bau erfand. (Fig. 8.) Bei diesem werden keilförmig zulaufende Steine
in Bogenstellung an einander geschoben. Da der innere Kreisbogen,
den die Spitze der Keile bilden, kleiner ist, als der äussere, von den
breiteren Köpfen gebildete, so können die Steine nicht durchfallen,
können sich auch nicht hinausschieben, sobald sie an den Seiten und
von oben genügendes Widerlager und Belastung haben.
Nehmen wir eine Mauer von Stein. Der einzelne Stein giebt keinen
Bau, nur mehrere zusammen. Um den wohlgefalligsten Eindruck zu
machen, muss jeder Stein, den man zusammengesetzt mit anderen er-
blickt, agebildet" sein, d. h. als krystallinisches Gebilde will man ihn
in einer krystallinisch scharfen Form sehen. Diese Einzelbildungen
werden zu einem Ganzen, einer Mauer fest zusammengefügt. Das
Ganze muss eine mathematisch genaue Form zeigen in schönen Ver-
hältnissen. Gesetzt, diese zeige die Gestalt eines regelmässigen Vier-
ecks. Ist dasselbe gross, so ist möglich, dass die Einheit des Ganzen
den Eindruck der Vielheit in den Steinen gänzlich erdrückt; ich be-
komme dann das Gefühl des Einförmigen und muss danach streben,
dieses durch richtige Vielheit, also etwa durch Gliederung aufzuheben.
Dazu bieten sich die Abschlüsse des Bauwerks dar. Ich gebe ihm z. B.
eine horizontale Dreitheilüng (siehe allgemeinen Theil), ein Unten, eine
Mitte, ein Oben. Unten drücke ich die Verbindung mit dem Boden aus,
oben schliesse ich die Mauer ab. Beides etwa durch eine Vorlage von
Steinen. Aber die Linien der Horizontalen sind mir zu starr, nicht
wechselnd genug. Ich kann die Verticale zur Belebung starker hervor-
treten lassen, indem ich z. B. die Mauer oben zinnenförmig baue. Auch