Die
einfachsten Formen.
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zu erweitern oder bequemer zu machen. Während Nomade und Wald-
bewohner ein scharf aufsteigendes Dach auf die Erde stellen, kümmert
er sich um die Bedachung als solche gar nicht, da diese ja der ge-
wachsene Fels giebt. Sein Werk wird-im Gegensatz zu dem Jener
ein Innenbau. Ob der Felsen über seiner Höhle Bach ist oder schräg
ansteigend oder geurölbt, ist ihm gleichgültig. Wir bekommen da-
durch die Zeltdach-, die hohe Langdach-, die Kuppeldachbildung und
die Wohnung ohne Dach, entsprechend der holzarmen Steppe des
Nomaden, dem Waldlande, der waldlosen, auf Ackerbau angewiesenen
Gegend und dem höhlenreichen Gebirge.
Wo eine Menge Bruchsteine sich finden oder Holz, das man mit
der Axt und Säge bearbeiten gelernt hat, da wird man früh den Nach-
theil, den jede dreieckige Form für die Bequemlichkeit des Menschen
hat, zu tilgen bestrebt gewesen sein. Man hat gradaufstcigende Wände
errichtet, passend für die Bewegung des aufgerichteten Menschen und
hat dann das Dach darüber gesetzt. Dasselbe ist dort geschehen, wo
man die zähe Erde zu Massen formen lernte und sie getrocknet oder
gebrannt als Material benutzte. Die Wände werden aus Steinen allein
gebildet oder aus Baumstämmen zusammengebloclzt oder nur das Gerüst
wird von Holz erbaut, die Zwischenräume aber durch Rohr, Lehm,
Steine u. dergl. geschlossen. Auf nassem Grunde finden wir dabei schon
in den frühesten Zeiten die Wohnung durch Steine oder Erdaufwurf oder
durch einen Pfahlrost über den Boden gehoben.
Hatte man bei Steinbau Wände aufgeführt, so handelte es sich darum,
dieselben zu bedecken. Steine brechen selten in grossen Platten. Zum
Ueberspannungsmaterial eignen sie sich daher nicht besonders. Denn
selbst da, wo sie grosse Deektlächen abgeben könnten, verlangen sie,
um nicht durch ihr eigenes Gewicht in der Mitte durehzubrechen, solche
Stärke, dass nur viele Menschenkräfte die dicken grossen Platten auf
die Wände heben können. Man denke nur an eine Weite von 10 Fuss,
welelf ein Gewicht sich dabei durch die erforderliche Dicke des Steins
herausstellt. Diesem Uebelstand abzuhelfen ist man also genöthigt, in
dem Raum innerhalb der Wände Stützen für die Steinplatten herzu-
stellen, d. h. Pfeiler oder Säulen zu errichten, die auf kleinere Distanzen
als Träger für die nun kürzer zu brechenden Platten dienen. Leichter
freilich war es, den Holzbau mit dem Steinbau zu verbinden; War nicht
viel starkes Holz vorhanden, so blieb immer noch Schinalheit der
Räume vernothwendigt, wie denn z. B. die Säle und Zimmer in den
Palästen von Nimrud durch ihre geringe Breite bei grosser Länge
Gängen und Corridoren ähnlich sehen. Mit langen, starken Balken
konnte man bedeutende Räume überspannen, namentlich wenn man
auch hier einen Pfeiler oder eine Holzsäule dazwischen stellte. Ganz
natürlich war es dann auch, ein Holzdach über den Wänden zu er-
richten.