Allgemeines.
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Mauer, so muss das Verhältniss ihrer Länge zu ihrer Höhe, je nach
dem Anblick auch das Verhältniss ihrer Dicke zur Höhe oder zur Höhe
und Länge, ein wohlgefälliges sein, damit dieser Bau gefällt. Ebenso
bei dem leeren Raum des Hofes muss dessen Länge zur Breite stimmen;
der Raum an sich kommt hier zur Geltung. Ist ein solcher auch von
oben bedeckt, so dass ein zimmerähnlicher Raum entsteht, so ist auch
die Höhe in Betracht zu ziehen. Stimmen die Verhältnisse der Höhe,
Breite und Länge nicht zu einander, so wird der Raum unschön und
alle etwaige Einzelschönheit der Wände, Decke, des Bodens können
nicht helfen.
Zur Baukunst ist darum an sich schöner Raumsinn nothwendig,
der, wie man aus dem Angeführten sieht, so gut für den Innenbau,
den Hohlbati als für die räumliche Behandlung der die Räume ein- oder
abschliessenden Masse (Wände, Mauer u. s. w.) gilt.
Schöne Gliederung, Verhältnissmässigkeit des Raumes, der Räume
unter einander, dann die schöne Beschaffung des Raumes durch wohl-
gefällige Linien und Flächen der ihn bildenden Wände, Eurhythmie
u. s. w., alle diese Schönheitsforderungeir der Räumlichkeiten kommen
zur Geltung. Die Schönheit eines Grundrisses, die Schönheit der Räume
an sich nach ihren Verhältnissen in sich und zu einander ist danach
leicht zu sehen. Gehören z. B. drei Räume zu einander und ist der erste
ein llliniaturzimmerchen, der zweite eine ungeheure breite Halle, der
dritte ein langer, hoher aber schmaler Gang, so stimmt einer nicht zum
andern; man betrachtet nicht jeden für sich, sondern übersieht den
ganzen Raum, der znsammengehören und auch zusammen beurtheilt
werden soll, und findet die Raumtheilung unschön. Jede als Einheit be-
nutzte Wohnung, jedes als Einheit benutzte Gebäude soll in dieser
Weise in seinem Raum der Art gegliedert und aufgetheilt sein, dass
überall eine Wohlortlnung sichtbar ist, keine verletzenden Oontraste
unter den Theilen sich zeigen, überall Harmonie herrscht, sowohl der
einzelnen Theile in sich, oder zu einander als der Theile zum Ganzen.
Bei jeder künstlerischen Bildung muss Idee und FORD, Wesen und
Erscheinung einander entsprechen, soll ein wohlgefälliger Eindruck er-
zeugt. werden. Die Idee in der Baukunst ist vielfach ihr Zweck. Der
Zweck muss also zum vollen Ausdruck, aber den Schönheitsanforderungen
gemäss, gelangen. Blosser Ausdruck des Zwecks könnte einen guten
Nutzbau abgeben; aber erst dadurch, dass der Bau schön ist, gehört
er in die Baukunst. Die Ranmschönheit muss zum Ausdruck kommen.
Sodann muss das Material zum Bauen nach seiner allgemeinen und be-
sonderen Gesetzmässigkeit in einer, den Schönheitsgesetzen des Menschen
entsprechenden Weise behandelt werden.
Unorganisches Gebilde liefert für das Bauen das ltlaterial, sei es,
dass es an sich der unorganischen Natur angehört oder ein Erzeugniss
organischer Natur ist, woraus das Leben entwichen. Alle unorganischen