Die
Baukunst
Alle bildenden Künste haben es mit Darstellungen im Raume zu
thun. Die räumliche Schönheit ist also eine Grundlage für die bildende
Kunst; die allgemeinen schönen Raumgesetze müssen in ihr, somit auch
in der Baukunst, erfüllt werden.
Bauen heisst Unorganisches ordncnd bearbeiten, namentlich in
der Weise, dass verschiedene Theile zu einem Ganzen gefügt werden.
Hier haben wir die mannigfachen Arten des Bauens im weitesten Sinn
(z. B. der Bauer "baut" den Acker, Strassenbau, Bergbau u. s. w.) nicht
zu betrachten, sondern nur das Bauen in's Auge zu fassen, Welches
sich auf Errichtung eines Gebäudes, einer Behausung oder der dahin
gehörigen Raumdarstellungen, Raumabschliessungen u. s. w. bezieht.
Das ordnende Zusammensetzen einer Mehrheit von Dingen kommt dabei
in Betracht. Es ist kein Bauen, wenn ein einzelner Stein behauen wird,
kein Bauen, wenn mehrere Theile vollkommen in einander verschmolzen
werden z. B. im Erzguss, durch Zusammenschweissen u. dgl. Beides
gehört derBildnerei an. Stück an Stück muss zusammengebracht werden
und zwar geordnet und zu einem durch sich selbst bestehenden Ganzen.
Wird ein Haufen Steine aufgesehüttet, so ist das kein Bauen, aber die-
selben werden aufgebaut, wenn sie zum Beharren übereinander aufge-
sehichtet werden. Der Tapezier baut keinen Vorhang. Erst das sich
tragende Gerüst muss hinzukommen, damit _wir seine Arbeit aufgebaut
nennen können.
Beim Bauen wird ein Raum zum Ausdruck gebracht, sei es, dass
er körperlich ausgefüllt, oder dass er durch Begrenzungen als ein hohler
Raum hingestellt wird. Die Mauer z. B. füllt einen Raum; ein durch
eine Mauer umschlossener Hof, der Zimmerraum u. s. w. sind Bildungen
der letzten Art. Dort wie hier müssen die allgemeinen Anforderungen
der Raumsehönhcit befriedigt werden, also die Dimensionen des Raums,
Länge und Höhe oder Länge, Höhe und Breite müssen z. B. in wohl-
gefalligen Verhältnissen zueinander stehen. Sehe ich die körperliche