eine Malerbude; viele Erbauer von Domcn unterschieden sich nur durch
ihre Geschicklichkeit von den Mitarbeitern. Erst gegen die neuere Zeit
verlor sich im Handwerk mehr und mehr das Bewusstsein der Kunst.
Die unteren und mittleren Stände sehen wir in Deutschland, von dem
wir hier sprechen wollen, seit dem 30jährigen Kriege gedrückt, herunter-
kommend. Die Menschen waren durch Noth und Druck sclaviseher ge-
worden; durch die veränderten Handelsbeziehungen litt der Gewerb-
fleiss und Wohlstand; so ging dem Handwerk der freie, künstlerische
Hauch verloren und stumpfer, dumpfer, gebrauehsmässiger lebte es dahin.
Nicht zum wenigsten trug das Verdrängen der Gelehrsamkeit daran die
Schuld. Die Gelehrten, die wieder durch Bücher, Universitäten etc. auf
die Verwaltcnden einwirkten, erkannten am liebsten nur das an, was
durch Studium aus Büchern oder aus der vergangenen Welt gewonnen
war. Maler, Bildhauer und Architecten hatten sich nun freilich in Italien
eine Ausnahmestellung errungen, die aber ebenfalls sich hauptsächlich
darauf stützte, dass auch das Alterthum sie so hoch gehalten und über
sie geschrieben hatte. So konnten sie sich auch, wenngleich nur in
schwerem Kampfe gegen die deutsche Gelehrsamkeit, als Künstler be-
haupten. Es ist bekannt, wie gerne man sich mit den sogenannten
„ schönen Wissenschaften", einer schlechten [lebersetzung des französi-
schen „belles lettres" in der Aesthetik begnügte.
Die Aesthetik mag nicht leicht grösseren Nutzen stiften, als wenn
sie nach Kräften den sogenannten niederen Künsten wieder zu höherem
Ansehn verhilft. Es ist ihre Pflicht sogar, den Schaden wieder gut zu
machen, den sie denselben durch eine gewisse Verachtung zugefügt hat.
lfreilich ist das jetzt schwierig und es bedarf gewaltiger Anstrengungen,
um erst wissenschaftlich das so lange zu wenig eultivirte Gebiet wieder
einzunehmen und zu beherrschen. Doch ist bei den Anstrengungen, die
schon gemacht worden und noch gemacht werden, das Beste zu hoffen.
Die technischen Künste, getrieben durch die gefährliche, geschmackvollere
französische Concurrenz, regen sich seit einigen Jahren in ungewöhn-
licher Weise. Der Nutzen selber verlangt, dass die Schönheit gepflegt
Werde, aber die Wissenschaft muss ihren Bestrebungen noch einen Nach-
druck geben, aufmerksam machen auf das, was Jedem stets zur Hand
und vor Augen sein kann. Weist sie nachdrücklich darauf hin, dass
Töpfer, Schreiner, Schlosser, Zimmermaler, Färber und wie sie nun
heissen, nicht für die Kunst verloren und nicht als „Banausen" von
oben herab anzusehen sind, dass Bestellungen nach guten Zeichnungen,
nicht blos nach Modelaune, für Auftraggeber und Auftragempfänger
gleich erspriesslieh sind, dass man dem Schönen überall nachstreben
und nachleben kann, so wird sie noch ganz anderen Nutzen stiften und
mehr Nutzen stiften, als bei einer Anleitung, die sich damit begnügt
in einem ästhetischen Thee, bei Büchern und Klavier, Befriedigung zu
verschaffen.