Volltext: Populäre Aesthetik

Stil. 
Manier. 
Wir nennen Stil die Ausdruckswveise, wie ein Ding in die Erschei- 
nung tritt. I)ieselbe muss, wie früher gezeigt werden, dem Wesen ent- 
sprechen, um zu gefallen. Der Stil eines Kunstwerks beruht demnach 
für den Künstler „auf den tiefsten Grundfesten der Irlrkenntniss, auf dem 
Wesen der Dinge, in so fern uns erlaubt ist, es in sichtbaren und greif- 
baren Formen zu erkennen." (Göthe: Einfache Nachahmung der Natur, 
Manier, Stil.) 
Da ein Kunstwerk stets das Wesentliche seines Gegenstandes zur 
Darstellung bringen, den charakteristischen Ausdruck desselben in der 
entsprechenden schönen Weise geben soll, so ist damit bei jedem voraus- 
gesetzt, dass es Stil habe. Das Charaeteristisehe, Bestimmte gefallt an 
sich, ganz abgesehen von der sonstigen Art und Weise des Ausdrucks. 
Stil haben, stilvoll sein, ist danaeh ein Lob; stilles sein, keinen Stil 
haben, ein Tadel. 
Der Stil kann in der verschiedensten Weise. sieh zeigen, wie aus 
der Weite des Begriffes leicht zu ersehen ist; je nachdem die Auffassungs- 
weisc verschieden ist, wird sich dieses auch in den Formen, darin jene 
zur Erscheinung kommt, geltend machen. Völkcrraccn und Zeiten werden 
danaeh ihren Stil haben oder haben können, wie Völker, Individuen 
u. s. w. Die sogenannte kaukasisehe Rage hat einen andern Stil in 
fast Allem, was sie schafft, als die mongolische, als die äthiopische; 
manche verschiedene Auffassungen, verschiedene Neigungen, Emptin- 
dungen, kommen zum Ausdruck. Was die Einen als Ideal des Guten, des 
Mächtigen, Schönen, Erfreulicheu u. s. w. hinstellen, gilt nicht gerade 
so für die Andern. Die arischen Völker haben wieder vielfach andern 
Stil als die semitischen; unter jenen haben z. B. Germanen und R0- 
manen wieder ihre Eigenthümlichkeiten und danaeh besondere Ans- 
druekswcisen. Unter den Germanen unterscheidet sich der Scandixiave 
vom Deutschen; der Holländer, der Franke, der Baier haben wieder 
vielfach ihren eigenen Stil u. s. w.
	        
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