Volltext: Populäre Aesthetik

Harmonie 
und 
Kampf 
dieser 
Ideen. 
Römerzeit. 
13 
welche ein Demosthenes vergeblich durch die Einsicht in die Gefähr- 
lichkeit ihrer Lage aufzumuntern und den entscheidenden Thaten ge- 
wachsen zu machen suchte. Unter Alexander dem Grossen dienten 
sodann die Griechen dazu, West-Asien der europäischen Kultur zu 
gewinnen. Doch zu kurz war ihr Zusammengehn mit dem Maced0- 
nischen Stamme unter dem genialen Besieger Asiens, als dass dadurch 
der hellenische Charakter sich hatte erneuern, respective verändern 
können. Er zeigte sich nicht mehr im Stande, neue Kraft aus den 
Siegen lllld dem Verkehr mit andern Völkern zu schöpfen. Sie ver- 
suchten CS ill der Philosophie, in welcher immer starker die orienta- 
lischen Eintiüsse auftraten, bis dieselbe im Lauf der Jahrhunderte ganz 
zum fremdartigen, den antiken Geist verläugnenden Neu-Platonismus, 
dem Zwitterding von Hellcnen-, Juden-, Christenthtim und Aberglauben 
gestaltet ward. Sonst lebten die Griechen ihr altgewolmtcs Leben fort, 
so als Sieger des Orients, wie als Knechte des occideiltalischen Roms. 
Kunst und Gclehrtcnthum war ihre Beschäftigung und ihr Vergnügen, 
jene wie dieses aber mehr und mehr sinkend. Denn ein gesundes 
Volks- und Staatslcbcn ist die unumgänglich nothwendige Grundlage 
für das Schöne und Wahre, soll das Höchste darin erreicht oder be- 
wahrt werden. 
Was Macetionien angestrebt aber nicht vermocht hatte, führte 
Rom aus. Die festen, strengen, ethischen Latiner rissen, über die 
windigen, Eisthctisirendcn, zcrtahrcnen Griechen hinweg, die Welt- 
herrschaft; an sich, durch Tapferkeit und Ausdauer sie gewinnend, 
durch Clmractcrfestigkeit und Conscqucnz sie bchauptend. Das Wollen 
und das Sollen herrschte und (larauf hatte jetzt Empfindung und 
Gedanke sich zu beziehen, ihm hatten sie zu dienen. Der Staat und 
die Regel des gesellschaftlichen Lebens, das Recht  das ist von 
den Römern zuhöchst atlsgeprägt worden, während der Grieche unter 
ihm den Lehrer und Erzieher der Menschheit machte. Als die Jahr- 
hunderte hindurch andauernde Kraft des römischcn Wesens erschlaffte, 
der einst so maehtvolle Strom desselben stockte, da bedurfte es eines 
neuen Umschwungs, die europäische Welt vor dem Stagniren zu 
bewahren. Eine furchtbare Ielohlheit und Leere herrschte. Die Römer 
waren in ethischer Beziehung schlimmer geworden als die Griechen. 
Die Faulniss der Cultur  Blasirtheit, Unnatur, Glaubens- und Herzens- 
leere, Charactcrlosigkeit, Kriecherei und wie die Auswüchse der Oultur 
heissen  stank zum Himmel, um ein Shaksperesehes Wort zu 
gebrauchen. Ein neuer Halt, ein neues Ziel war nothwendig geworden; 
die römische Aufgabe war ausgelebt. Und der Umschwung kam. Und 
diesmal aus dem Orient, von dem verachteten Volke der Juden. Wohl 
hatten Syrien und Aegypten schon ihre Mystik und ihren Aberglauben 
leihen müssen, um dem Herzensbedürfniss manchen Römers und 
mancher Römerin doch einigen Stoff zu geben, aber die Massen hatten
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.