Volltext: Populäre Aesthetik

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Der 
Künstler. 
Erscheinungen als deren Spielball Limhergenrorfen wird, wenn er nicht 
im Schönen zu ankern versteht. Dazu gehört Geschmack. Nicht der 
Geschmack, von dem man ausgesagt hat: de gustibus non est disputan- 
(lum, sondern der Instinet oder die Einsicht in das Wesen des Schönen, 
das wir im allgemeinen Theile nach den Hauptzügen zu entwerfen 
suchten, die ästhetische Urtheilskraft, für welche nicht krumm gerade 
und hässlich schön ist. Die ästhetischen Gesetze müssen bei ihm 
walten.  Er muss Verständniss und Empfängniss für Ilarmonie u. s. w., 
für die verschiedenen Empfindungen haben. Danach muss er erkennen, 
wählen, aussondern können. Die höchste Anforderung an den Ge- 
schmack wird bei der Idealbildung gestellt, die wir für das Ziel der 
Kunst erklärt haben. Man suche sich eine solche in einfachster Weise 
klar zu machen und man wird gleich erkennen, wie auch nur der gewöhn- 
lichste Versuch ohne Geschmack ausfallen müsste. Das allgemeinste 
Gattungsbild entsteht aus dem Durchschnitt, den die Summe der ge- 
wöhnlichen Erscheinungen ergiebt. Nun nehme man an, dass Jemand 
G0 "[0 der Menschen mit unregelmässigen Gesichtszügen, 400,1" mit 
regelmässigen angetroffen hat. Ohne den angeborenen Sinn für Regel- 
mässigkeit, Symmetrie, Proportion müsste er danach die 110 "[0 regel- 
massiger Bildungen für hässlich, die unregelmässigen für schön erklären. 
Nichtsdestowenigcr wird das natürliche Gefühl, der Sehönheitsinstincit 
ihn anders belehren. Ist dieser nur irgendwie kräftig, so wird er nicht 
lange zaudern, wohin er sich zu wenden, was er als das Richtige, 
Normale anzunehmen habe. 
Wer mit ästhetischer Urtheilskraft begabt ist, der hat natürlich 
Maasse, der hat das Vcrständniss für Freiheit, Ordnung, der weiss, wo 
er einhalten muss. In jedem Augenblick wendet er sie bei dem Vor- 
rath seiner Phantasie an, verändert, verbessert danach, setzt danach 
zusammen. Es versteht sich, dass eine bedeutende Kraft dazu gehört, 
um dieses, so in der Seele erzeugte Bild scharf zu gestalten und nicht 
schnell mideutlich werden zu lassen. Eine zweifache, ja drci- und 
mehrfache Bearbeitung ist ja innerlich (lamit vorgenommen. Anschau- 
ung und Umgestaltung nach den ästhetischen Gesetzen des Schönen, 
oder Anschauung, Zusammensetzung und Verschmelzen derselben und 
Idealbildung.  
Damit wäre das innerliche Kunstbild gewonnen. Aber nun fehlt 
noch Eins: die Fähigkeit der Darstellung. Die Ausführung muss 
kommen oder das Kunstwerk bleibt stecken, cxistirt nicht für Andere, 
als für den Iilrzeuger. Es sitzt im Kopfe; es muss herausspringeii wie 
die Pallas; es muss sinnliche Gestalt gewinnen. Gewöhnlich wird die 
Axilage der technischen Fertigkeit sich finden, wo die oben genannten 
Kräfte zusammentreffen; ist sie nicht vorhanden, so kann nimmer von 
einem Künstler die Rede sein.
	        
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