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Der
schöpferische Trieb.
Kunst.
Die
Künste.
Die
aussere Anschauung und die innere Empfindung im Selbstbewusstsein.
Die Kunst muss also einmal die Dinge in ihrem räumlichen Nebenein-
anderbestehen, sie muss das Nacheinander in der Zcitfolge und das in
Raum und Zeit sich entfaltende Wesen ergreifen und sie muss ebenso
die Anschauungsbilder der Seele, ihre eigene Innerlichkeit in ihrem
Werden, wie sie das Gefühl erfasst, wie sie als Gemüthsbewegung sich
kund giebt, endlich ihre Gedanken auffassen. Da aber Natur und Geist
für einander da sind und in der Schönheit gerade der r-kusdruek ihrer
Harmonie erkannt wurde, so entsprechen auch beide Regionen, und wir
gewinnen eine Dreiheit von Künsten: die Offenbarung geistiger An-
schauungen durch die Gestaltung der Materie im Raum, oder die bil-
dende Kunst, die Offenbarung des geistigen und natürlichen Lebens im
Flüsse seiner Entwickelung durch die Töne und ihre rhythmisch-melo-
dische Folge in der Zeit, oder die Musik, die Offenbarung des leben-
digen Wesens der Dinge und der Gedanken des Selbstbewusstseins
durch das Wort oder die Poesie."
Durchschnittlich finden wir bei der bildenden Kunst die Drei-Thai-
lung in Architeetur, Plastik, Malerei, bei der Poesie in Lyrik, Epik
und Drama; die Musik wird getheilt in Voealmusik, Instrumentalmusik
und Vereinigung beider.
Ohne mich hier darauf einzulassen, 0b eine solche Ncun-Theilung
erschöpfend sei, will ich, um ihre Uebersiehtlichkeit und damit ihre
praetischen Vorzüge gegen andere Theilungen inls Licht zu setzen, eine
altere anführen. Steinhart in seinen Grundbegriffen zur Philosophie
über den Geschmack (1785) bringt zur Beförderung einer allgemeinen
vorläufigen Uebersicht des Schönen folgende tabellarische Olztssificirnng:
Die erste Hauptelasse enthält die schönen Künste, die sich zu ihrer
Darstellung nur Mittel von einerlei Art bedienen. Dahin gehören I. die-
jenigen Künste, welche körperliche Gegenstände. für's Auge darstellen
oder bezeichnen. a. Die bildenden Kiiilste, zerfallend in Plastik, Stucka-
turkunst, Bossirkunst, Schnitzkunst, Bildhauerkunst in engster Bedeu-
tung (mit Hülfe des Hammers meisseln), Drehkunst und Sehleifkunst,
Steinsehneidekunst, Stempelschileideknnst, Giesskunst. b. Zeiehnende
Künste: die Zeichnenkilnst in engerer Bedeutung, die Malerkunst, die
mosaische (musivisehe) Kunst, Kupferstecherluliist, Formsehncidekunst,
Bildwvürker- und Stickerkunst. e. Die ordnenden Künste: Gartenkunst,
Baukunst, Bekleidekunst, Meublirktnist. II. diejenigen Künste, welche
unkörperliehe Gegenstände behandeln. a. Die sieh natürlicher Zeichen
bedienen: Mimik oder Pantomimenkunst, Tonkunst. b. Die sich willkür-
licher Zeichen oder Worte bedienen, die redenden Künste: Wohlretie-
kunst, Beredekunst oder Beredsztmkeit, Dichtkunst. Die zweite Haupt-
classe der schönen Künste begreift (liejenigen unter sich, welche zur
Darstellung ihres Zwecks Mittel von mehrerlei Art verbinden und die
man daher zusammengesetzte Künste benamen könnte: Gesangskunst,