218
Die
Völker
Neuzeit.
lichkeiten angelehnt und hat mit slavischem und mit barbarischen] lin-
gcstüm und französischer Leichtfertigkeit seine Kraft vergeudet. Der
Russe, voll communistischer Anlagen aber unter despotischem Scepter.
hängt mit dem Byzantinismus durch die l-teligion und sonstige Ufälfber-
lieferungen zusammen und hat dessen ganze Jiesehränktheit, wo nicht
westeuropäischer Einfluss sich geltend gemacht hat. Namentlich für
die bildenden Künste wird dies wichtig, da sie daselhst noch durchaus;
im Dienst der Religion stehen. Schematismns, Zopf, (ll-rschmacklosig-
keit führen das Seepter; steifer orientalischer Prunk muss die Schönheit
ersetzen. Der Pole wie der Russe sind unmässig in jeder Beziehung:
und den daraus entspringentlen Fehlern unterworfen Fehlern, die
tlllS der Sclaverei (ler aristokratischen und despotischen Bedrückung an
und tiir sich schon crkläi-lieh wären.
Alle slavischen Völkerschaften sind kräftig und bis auf dic eigent-
lichen friedliebenden Russen kriegerisch. Der Schnitt des (je-
siehts, die Baekenknoclien, auch die Augenstellung weist nicht selten
hinüber zur tartarischen Bildung, doch finden sich auch die ausgepräg-
testen Sßlltllllleltcl], namentlich bei den Südslaven.
Auf germanischer Grundlage, mit wälschen, dann mit romanischen
Elementen durchsetzt, welche letzteren aber ebenfalls wieder von ger-
manischem Blut influencirt waren, so hat sich der Engländer entwickelt.
Das schwere angelsächsische Volk empfing durch die normannische
Eroberung, an der die kühnsten Abenteurer aller Länder, namentlich
Nordfrankreichs und Flanderns Theil nahmen, romanischen Schwung
und Triebkraft. Die Wucht des Angelsachsen bekam die Schneide
seiner Eroberer und deren zufahrenden Sinn; das altväterliche Kleben-
bleibcn am Gewohnten, was dem Deutschen anhaftet, ward durch die
romanische Beweglichkeit gelöster; so erzeugte sich ein Geist, der zwar
zäh das Erprobte festhält aber doch auch den Muth hat, Neues zu unter-
nehmen und Lust, verschiedene Wege zu versuchen. Ueberhaupt muss
man gestehen, dass die Mischung von niederdeutschem Wesen und nor-
männisch-französischem Zusatz ein tüchtiges Volksmetall gegeben hat.
Der Engländer ist schwerfällig, solid, sicher, aber vorwärtsstre-
bend, energisch. Das Practische des Franzosen ist zur Gründlichkeit
des Deutschen hinzugekommen. Er hat wenig Geschmack für das Neben-
sächliche, aber als ausgeprägter Character liebt er das Oharaeteristischir.
Verwaschenheit und Verschwommenheit ist ihm zuwider; einen Stil muss
Alles zeigen, was ihn umgicbt; Geräth, Vieh und was es nun ist. Oh
nun gerade einen schönen, das weiss der Engländer in vielen Fällen
weder zu beurtheilen, nachkommt es ihm darauf besonders an. Prztctisch,
handlich und comfortabel muss Alles sein. Das niederdeutsche Nützlich-
keitsprincip hält ihn beim Bedürfniss fest, aber dies Bedürfniss weiss er
so zu behandeln, dass zwar nicht das Schöne (laran erscheint, wohl aber
Etwas, was dem Schönen sich nähert und ungemeine Anziehungskraft