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bald grösseren ftnltlang linden als die Rennen, aus denen der echte
Franzose sich bisher wenig macht, da er nur für den Pomp einer künst-
lichen Sehulreiterei und dann für schwere Zugpferde, deren Bewegungen
und Formen in die Ailgen springen, Sinn gezeigt hat. (Die Gladiateur-
Begeisterung für die Reimen wird schwerlich nachhaltig sein.) Mag man
nun auch namentlich wegen der leidigen Stiergefechte das "Oireenses"
zu der Gloirc vermuthcn, die dem mässigen Franzosen noch über „Pancm"
geht, so muss man doch das Bestreben des bedeutenden Mannes auf
dem französischen 'l'l1rou schätzen, der sich nie damit begnügt, eine
Einsicht gewonnen zu haben, sondern nach derselben auch handelt.
Gewiss ist es ein Uebel, dass der französische Städter nur an Theater,
Billard, den Freuden des Cabaret und eines leichtfertigen Geschlechts-
lebens Geschmack findet, und dass sehr zu wünschen wäre, andere Ver-
gnügungen daneben einzuführen. Louis Napoleon hat dies erkannt und
legt Hand ans Werk, ruhig aber unausgesetzt, für den Norden vom
Norden, für den Süden vom Süden borgend. Viel Erfolg ist leider von
diesen Bemühungen nicht zu erwarten, selbst wenn man die Stier-
getechte entsprechend ändern wollte. Doch genug hieven. Nur noch
die eine Bemerkung, dass auch Schützenfeste den Franzosen durch die
hlonotonie des Ladens, Zielens und des Sehusses, ohne dass ein beson-
derer Erfolg der Kugel zu scheu ist, wenig zusagen. Es sind das Feste
für kühlere Naturen.
Die zähe spanische Nation hat sich in den letzten Jahrzehnten
wieder mehr aufgerafft aus der beispiellosen Erniedrigung und Ver-
dampfung, in die sie durch übermassiges Glück, schlechte politische
Wirthsehaft und tluchwürdige geistige Despotie gefallen war eine
lürniedrigung, die'freilich nur möglich geworden (im-eh den dummen
Hoehmuth, in den das an Stolz beinahe ltrankcnde Volk sich wegen
seiner Erfolge hineingearbeitet hatte. Der Spanier ist stolz, leiden-
schaftlich, pathetisch ein Oholeriker. (Die Bewohner der verschie-
denen Provinzen der iberischen Halbinsel sind übrigens wieder in ihren
Charaeterzügen bedeutend verschieden.) Realismus und I-Iyperidealität
begegnen sich bei ihm in allen Dingen der Kunst wie des Glaubens und
Lebens. Von Gestalt ist er mittelgross, sehnig gebaut. Er gilt für den
trefflichsten Fussgänger und für ein Muster in der Mässigkeit. Er hat.
viel Freude am Singen und Erzählen, während dem Franzosen eigentlich
nur das Raisonnement zusagt, das er auch in die Poesie deswegen hin-
überträgt. Das Volkslebeil hat unter dem Druck der bigotten Pfatfen-
wirthschaft gelitten. Nur das grausame Stiergefeeht hat sich als ein
besonderes Volksfest erhalten. Der Tod des Stieres ist das Ende;
damit fällt schon der Character des Spiels fort und bleibt nur Brutalität
übrig. Das freigewordene spanische America hat darin dem Mutter-
lande eine Lehre gegeben, die allerdings zurückgewiesen ist. Dort hat
man nämlich das Stiergefecht in ein wirkliches Stierspiel verwandelt.