204
Staaten.
Völker.
Das Alterthuln.
besten Ebenmaasse der Seele zuführt, von dem lasst sich am richtigsten
sagen, dass er ein vollkommener Musengenoss und Kenner der Har-
monie sei, viel mehr als von demjenigen, der die zusammenklingenden
Saiten zu treffen weiss."
Die Schlussworte des Sokrates mögen denn im eigentlichsteil Sinne
hier ihre Stelle finden: „Dies wären nun ohngefäln- die Grundrisse
unserer Erziehung der Jugend im Unterricht und in der Lebensart.
Denn was sollte Jemanden von uns bewegen, bei dieser Sache weitläufig
von Tanz und Jagd mit Hunden und ohne Hunde, von Kämpfen ent-
blösster Ringer und Wagenrennen zu reden? Denn es ist klar, dass
diese Dinge fast eben wie das Vorhergehende und zufolge obiger Grund-
sätze angeordnet werden müssen, und man kann sie nunmehr ohne viele
Mühe von selbst erkennen."
Neben der eigentlichen Gymnastik wurde bei den Griechen, wie
die Musik, so die Tanzkunst, die Orchestik gepflegt. Sie besonders, die
nicht wie bei uns in einem Festhalten und Aneinanderpressen zweier
Menschen und einer rapiden Rotation um eine Mittelaxe bestand, sollte
den Bewegungen Rhythmus und Harmonie verleihen, während die
musische Kunst, welche die schönsten Lieder lyrischer Dichter zur
Laute vortragen lehrte, dieselben der Seele überhaupt einflösste. „Denn
Schönheit des Rhythmus und der Harmonie muss durch's ganze Leben
des Menschen herrschen." Vom lustigen Slaringtanze der Jugend und
der Frauen stieg der Tanz auf zu herrlichen Watfentänzen und den ver-
schlungensten Reigen, eng sich mit der seelenvollsten oder ausgelassen-
sten Mimik verbindend.
Das war griechische Erziehung. So waren die Männer gebildet,
die, bei Marathon die Hunderttausende schlagend, den Triumph edler,
gebildeter Menschlichkeit über Barbarenthum verkündeten an Geist
wie an Körper die Besten. Wie bei wenig verhüllender Kleidung oder
bei der Nacktheit des Kampfes der Anblick so schöner und kräftiger
rhythmischer Gestalten den bildenden Künstler anregen und belehren
musste, ist leicht einzusehen. Ohne Gymnastik keine Götterbilder und
menschliche Idealgestalten, wie sie die griechische Plastik in göttlicher
Schönheit und Hoheit gebildet hat, vor welchen wir in Ehrfurcht,
Staunen und Bewunderung oder in Schwärmerei verloren stehen
Bilder, die auch des Körpers Göttlichkeit mit überwältigender Macht
uns lehren. Eng mit der Gymnastik zusammenhängend waren die grie-
chischen Feste. An ihnen wurde Alles, was schön, edel und kraftvoll,
geprüft. Als die höchsten galten die olympischen Spiele. Vor den
Tausenden und aber Tausenden des ganzen Griec-henlandes und aller
hellenischen Genossenschaften der Fremde wurde dort um den Sieger-
kranz gerungen; freie, edle Männer die Wettkämpfer. Ein ganzes be-
geistertes Volk klatschte Beifall; ein. Pindar sang in Hymnen den Sieg,
ein Herodot sagte den Ruhm grosser und merkwürdiger Thaten, sie vor