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Staaten.
Völker.
Alterthum.
Das
aber schlottrigen, ungeschlachteten, pöbelhaften Maulhelden. Als Odys-
seus sich zum Kampfe gürtet und die festen, ehernen Glieder von den
Lumpen entblösst, da befällt den Prahler Iros Furcht:
Doch man führt ihn hervor und beid jetzt huben die Händ' auf.
Jetzo erwog im Geiste der herrliche Dulder Odysseus:
Ob er ihn schliige mit Macht, dass er gleich hintaumelte scellos;
Oder ob sanft er schliig' und nur auf den Boden ihn streckte.
Dieser Gedanke erschien dem Zweifelnden endlich der beste:
Sanft zu schlugen, dass nicht argwöhnend ihn sähn die Achaier.
Jetzo erhaben sich beid, und es schlug ihm rechts auf die Schulter
Iros; den Hals schlug jener ihm unter dem Ohr und zerbrach ihm
Drin das Gebein: schnell stürzt aus dem Mund ein purpurner Blntstroin;
Und er entsank in den Staub mit Geschrei, dass die Zähn' ihm erklirrten,
Zappelnd die Füss an der Erd'
Man muss englische Preisboxer gesehen haben, um die Wahrheit
dieser Schilderung zu verstehen und zu begreifen, welche Waffe die
Faust werden kann, wenn die Kunst die Schwachen des Gegners, den
Angriff und die Abwehr lehrt. Von Jugend auf wurde der griechische
Jüngling geübt und in der Palästra zur Kraftentfaltung, sowie zur Herz-
haftigkeit und edlen Haltung angehalten. Jede Rohheit ward durch
strenge und würdige Leitung erstickt, namentlich musste die Musik das
Gegenmittel abgeben, die etwaigen schlimmen Folgen der Gymnastik
Uebermuth, Rauflust, Brutalität aufzuheben. Die musische und die
gymnastische Kunst vereint, bildeten die Erziehung. Hören wir darüber
Platon in seinem Dialog über den Staat:
"Sokrates: Bemerkst du nicht, wie die Gemüthsart derjenigen be-
schaffen sei, welche ihr Leben hindurch nur Gymnastik getrieben haben,
ohne sich mit derMusik je abzugeben? und wie hingegen alle diejenigen
gesinnt sind, welche das Gegentheil gethan haben? Glaukon: Wovon
redest du? Sokrates: Ich rede von der Wildheit und Hartmüthigkeit
auf der einen Seite und auf der anderen von der Weichliehkeit und
Sanftmtithigkeit. Glaukon: Und ich erkenne, dass diejenigen, welche
sich nur mit Gymnastik abgeben, Wilderer Gemüthsart werden, als sie
sein sollten; sowie hingegen die blosen Musengenossen viel W8iCllllCllEl'
ausschlagen, als es für sie rühmlioh ist. Sokrates: Unsere
Beschützer des Staats müssen aber, wie wir annehmen, diese beiden
Naturen in sich vereinigen. Glaukon: Das müssen sie. Sokrates: Sie
müssen daher in eine gegenseitige Harmonie unter einander gebracht
werden. Glaukon: Wie anders? Sokrates: Aus dieser Ilarmoiiisirung
entsteht in der Seele ebensoviel von weisser Mässigung als Herzhaftig-
keit. Glaukon: Ja, sehr. Sokrates: Ohne diese getroffene Vereinigung
hingegen wird die Seele entweder verzagt oder verwildert. Glaukon: O
sehr. Sokrates: Wenn daher Jemand der Musik so viel vergönnt, dass
jene süssliehen und weichmüthigen und weinerlichen Harmonien seiner
Seele durch die Ohren wie durch einen Kanal immer vortönen und sie