I)er
Gelehrte;
der Burenukrat,
Gentlemun.
der
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Binder und Löser, als den Vermittler mit Gott, den Richter der Seelen.
Er wird als solcher Himmelspförtner oft so Widerlich, wie ein arroganter
Portier, der thut, als ob er der Herr des Palastes sei. Wie dieser höf-
lich und zuvorkommend sein soll, so jener milde und demüthig, gemäss
den Vorschriften der Religion. Zu dem Lehrerdünkel gesellt sich leicht
das Komische hinzu, dass der Weise nur mit Büchern, nicht aber mit
der wirklichen Welt bekannt ist und darum trotz seines Wissens, auf
Welches er so eitel ist, die grössten Böcke schiesst. Werden die ge-
nannten Fehler vermieden oder überwunden, so gehört der Gelehrte zu
den schönsten menschlichen Erscheinungen. Der Geistliche und der
Lehrer erwachsener Jugend stehen darunter voran. Die edelst-mensch-
lichen und imponirendsten Gestalten sind gerade unter ihnen zu finden.
Als eigene Gattung unserer Zeit hätten wir hier noch den Bureau-
kraten zu schildern, den schreibenden, durch Schreiben commandiren-
den Stubenmensehen. Er vereinigt häufig die Schwächen des Stuben-
gelehrten mit den Fehlern des Lehrers, der allein zu sprechen hat.
Sich mit dem Staate personificirend, halt er sich für den wichtigsten
Menschen, dem Alles untergeordnet ist, Alles sich fügen muss ohne
Widerrede. So wird er stolz, arrogant, aufgeblasen. Die Beschränkt-
heit seines Amtes, das ihm selten einen freien Ueberblick giebt und ihn
gewöhnlich auf Specialitäteil hinweist, macht ihn zu einem Fabrik-
arbeiter, der in seiner Branche geschickt, sonst aber beschränkt, ja
bornirt wird.
Den wahren Mann im vollsten Sinne des Worts repräsentirt der
"Gentleman", für den wir Deutschen keine eigene Bezeichnung haben,
indem Gentleman leider nicht mit Edelmann zusammenfällt. Er ist der
geistig und körperlich tüchtig und schön entwickelte Mensch, ein Mann
durch Muth, Verständigkeit, ltlnergie wie an Wuchs, Körperkraft und
Körperschönheit, geistig auf der Höhe seiner Zeit, ohne die Schwachen
des Gelehrten, Manns genug, einem Sackträger oder dem Schwert eines
Soldaten nöthigenfalls zu stehen, ohne dabei brutal zu sein, eine ge-
schlossene Persönlichkeit, die sich selbst genug und auf sich beruhen
kann, und dabei doch ein Glied der menschlichen Gesellschaft, das
thätig eingreift, ohne seine Mitmenschen durch rauhe, scharfe Formen
zu verletzen, das Respect vor sich und vor Anderen hat, darum auch
respectirt und selber rcspectirt sein will. Geist und Form sind in ihm
harmonisch Srereinigt.
Sehr zu unterscheiden und doch so oft mit ihm verwechselt, ist der
Dandy, der Zierbengel. Er hat einen Theil zur Hauptsache gemacht.
Der Gentleman vernachlässigt nicht die Form, seinen Körper, seine
Bewegungen u. s. w.; der Zierbengel denkt nur daran, und outrirt in
dieser Ausschliesslichkeit. S0 wird er ein hohles, gewöhnlich affiges
Geschöpf. Was der Dandy dem Gentleman gegenüber, das ist der so-
genannte Junker gegenüber dem wahren Aristokraten. Was die Stände