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Der Mensch
in seiner
Thätigkeit.
nicht, wenn der Sturm kommt und die Segel beschlagen werden müssen.
Der Tod gähnt jeden Augenblick unter ihm; nur seine Geschicklichkeit
vermag ihn zu retten. Das macht den Menschen kühn, selbstgewiss,
giebt ihm etwas Trotziges, Herausforderndes.
Schiff.
Das freie Meer befreit den Geist;
Wer weiss da, was Besirmen heisst!
Da fördert nur ein rascher Griff,
Man fängt den Fisch, man fängt ein
(Faust.
Diese Kühnheit, dieser Trotz leuchtet aus jedem Seemannsauge, das
ausserdem durch den steten ungehemmten Blick auf die wogende Un-
ermesslichkeit des Meeres scharf und hell und durch den Blick in die
Takelage weit und hochschauend wird. Offenheit und Derbheit charac-
terisiren ferner den Seemann. Von Sentimentalität hat er nichts, denn
das Element, auf dem er sich abmüht, zeigt selber davon keine Spur
und bleibt gegen Weichmüthigkeit so ilnempfindlieh, wie gegen die
Ruthenstreiche eines Kaisers. Alles will ihm durch Geschicklichkeit
oder Stärke abgetrotzt sein. Da der Seemann nun im Gegensatz zum
Bauern immer mit dem Augenblick zu kämpfen hat, so hat er auch
nichts Hinhältiges oder gar llinterhältiges. Die Erreichung des Ziels
mit seinem Schitf dauert freilich häufig lange. Elemente hindern, die
mühselig besiegt werden müssen. Dadurch bekommt der Seemann
neben aller Beweglichkeit etwas Stetes, Ausdauerndes. Ferner ist er
ein Ordnungs- und Gesellschaftsmensch; nirgends lernt man besser als
auf dem Meer, was geordnete Unterstützung Anderer besagen will.
Doch ist die Selbständigkeit des Einzelnen dabei gross; er ist kein
Rotten- oder Compagniemensch, der genau dasselbe thun muss, wie
sein Nachbar. Diese Ordnungsliebe und Zucht bei persönlichem Frei-
heitsgefühl, dieses Maass in der anscheinenden Ungebundenheit erfreut.
Eine zusammengearbeitete Schaar Matrosen repräsentirt mindestens die
Arbeitskraft wie ebensoviele der bestgedrillten Soldaten; sie werden sich
nirgends im Wege stehen; Alles wird in einander greifen und doch wird
keine Spur von Antomatenthum sichtbar werden. Der Seemann steht
hierin zwischen dem Bauern, der nur allein und dem Soldaten, der nur
in Gemeinschaft zu handeln versteht. Er ist heftig und zeigt diese
Heftigkeit mehr als nöthig im Fluchen. Seine Geduld wird freilich auch
häufig überreizt durch den Wind, dem nur Frauenlaunen bekanntlich an
Unbeständigkeit gleichkommen. Die Leidenschaftlichkeit des Seemanns
wird gesteigert durch die lange Enthaltsamkeit und die Strenge des
Dienstes am Bord. Um so ungestümer und rücksichtsloser bricht dann
die znrückgedrängte Natur hervor. Er ist wild in seinen Vergnügungen;
trotz seiner Gutmüthigkeit wird er leicht brutal. Sein Leben ist eintönig
mit schnellen phantastischen Abwechselungen, wenn er fremde Länder
und gar die anderer Zonen betritt. Meistens sieht er jedoch, an das