Volltext: Populäre Aesthetik

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Der 
Mensch 
in seiner 
Thätigkeit. 
mehr auf jede Fährte, auf jeden Schrei, auf jeden knickenden Zweig 
zu achten; er schweift nicht Tagelang einsam und sehweigsam in düste- 
ren, die Aussicht hemmenden Wäldern umher, sondern lebt auf Weiden 
unter dem lärmenden, brüllenden Vieh, nicht gezwungen, jeden Fuss- 
tritt zu bemessen, dabei durch die Pflege der Thiere, z. B. durch das 
Melken an bestimmte Thätigkeit gebunden. Sein Wagen oder sein Zelt 
ist sein Haus. Aber dies Haus führt er mit sich; es ist ein Object zu 
schmücken. Geräthschaften wie Gefässe, Reit- und Fuhrgeschirr, Waf- 
fen u. s. w. schleppt ihm das dienstbare Ross oder der geduldige Stier. 
Auch ein geschnitztes Götterbild, welches der Jäger als Amnlet mit sich 
führt, findet daneben leicht einen Platz. Ausser der Sprache mag er 
auch ein musicalisches Instrument mit führen, das zum Locken des 
Viehes oder nur zur Erheiterung dient. Damit ist auch der höhere 
Tanz gegeben. 
Ein llleeijäger ist der Fischer. Das feste Haus nur macht einen 
Unterschied. Mühselig und gefährlich ist sein Leben. lm Gegensatz 
zum Jäger hat er aber an Hütte und Schiff Gelegenheit, seine bildne- 
rischen Fähigkeiten zu entwickeln. Er baut, schnitzt und malt diese 
bedeutenden Objecte. Eintönig- ist das Netzflechten. Schlauheit gehört 
wenig dazu, das Fischreich zu berücken, aber Muth  namentlich pas- 
siver Muth  den Elementen der Luft und des Wassers zu trotzen. 
Durch das feste Hans führt er hinüber zu dem Ackerbauer. 
Der Landbebauer sitzt auf der Scholle, die „nie zu ermiidende" 
bearbeitend. Je fester, sicherer seine Wohnung, desto besser. Er 
braucht sich nicht selber zu tätowiren und zu bemalen wie der Jäger 
oder in seinem Schmuck auf das leicht Transportirbare zu beschränken, 
wie es noch der Nomade muss; sein Sinn wird auch nicht durch Meer 
und Land getheilt, sondern da ist sein fester Wohnplatz auf der Erde, 
wo er "lllonumente" errichten kann, die ihm zu allen Zeiten Freude 
machen. Er zieht nicht fort von ihnen; keine ilnstäten Wogen umgeben 
ihn, darauf nichts haftet. Dann braucht er auch nicht so viel Raum 
zur Ernährung. In grossen Gesellschaften kann er zusammenwohnen. 
Auf lange Zeit kann er Vorarbeiten und sich Musse verschaffen; alle 
geistigen und körperlichen Kräfte kann er pflegen. Doch es ist nicht 
nöthig, hier noch genauer auf die Vorzüge des Ackerbaues einzugehen; 
es ist bekannt, wie alle anderen Beschäftigungen in ihn verschmelzen, 
wie er die Grundlage unserer Oultur ist. 
Nehmen wir den Culturmenschen heutigen Tages. 
Hier ist der Jäger natürlich ein anderes Geschöpf als der früher 
bezeichnete, obwohl die Züge desselben nicht ganz verwischt sind. 
Unser Jäger hat Haus und Hof, ist gewöhnlich Feldbauer daneben. 
Aber Schweifen und Jagen übt doch seinen Einfluss. Er hat persönlich 
etwas Frisches, Schneidiges, Kriegerisches, auch Listiges. Der Jäger 
ist muthig wie sein Dachshund, und pfiffig wie der Fuchs; sein Auge
	        
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