Volltext: Populäre Aesthetik

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Der Mensch. 
gefällig durch seine geschwungene Formen, die reiche Mannigfaltigkeit 
der Lockenbildung (der Bart des Olympischen Zeus); sodann kann man 
ihn, wie das zu den Schultern fliessende oder doch das Gesicht umrah- 
mende Haupthaar nach der Wichtigkeit des Umrahmungsprincipes be- 
trachten. Das richtig Umrahmende hebt hervor. Wie das durch Farbe, 
Fülle, Bildung (Locken oder schöner Fall), Vermittlung zur Lnft durch 
leichte Beweglichkeit ästhetisch wirksame Haupthaar das Antlitz her- 
vorhebt, so umrahmt wieder der Bart mit dem Haar das Obergesicht, 
und wirft, die Parthien des Mundes, der Nahrungswerkzeuge zum 
Kauen, die beim Manne starker hervortreten als bei der Frau, ver- 
deckend, den ganzen Nachdruck auf das obere Gesicht, WO znhöchst 
das Denken in der Stirn, das allgemeine Seelenleben zumeist im Auge 
seinen Ausdruck findet. Er hebt ferner den Kopf selbständiger vom 
Körper ab, der bei dem kürzeren Halse des Mannes leicht in die Brust 
hineingezogen erscheint. (Wo der Bart fehlt und somit diesen Dienst 
nicht erfüllt, liebt die Mode durch farbenauffallexide Halsumkleidilng  
weissen Kragen, farbige Tücher, farbigen Rockkragen beim Militär 
u. s. w.  diesen Mangel zu ersetzen.) 
Der einfachste Grundsatz lautet: die Natur nicht zu unterdrücken, 
sondern sie zu verschönern. In Bezug auf den Bart heisst dieses: den 
Bart wachsen lassen, aber pflegen. Die Forderung, dass der Mensch 
Alles solle wachsen lassen, wie die Natur es wachsen lässt, ist abge- 
schmackt. So lange der Bart nicht recht entwickelt und also unschöner 
ist, wird er füglich entfernt; der entwickelte Bart soll wachsen. Danach 
sehen wir auch bei den Hellenen den Jüngling und jüngeren Mann hart- 
los, den reiferen Mann bärtig. Der gewöhnlich zuerst sich entwickelnde 
Schnurrbart möchte noch am meisten dem Jünglinge stehen. Auf die 
Bartmoden ist hier nicht einzugehen. 
Verweilen wir noch bei der menschlichen Schönheit, wie sie sich 
im steten Wechsel des Lebens offenbart. Die herrlichsten Idealge- 
stalten hat dafür die hellenische Kunst geschaffen. Einige Namen 
mögen genügen, um solche Ideale von Lebenserscheinungen vor den 
geistigen Blick zu rufen: Das Kind und den Anfang der Jünglingsjzihre 
zeigen die  Mannesjugend: Bacchus, weich, 
sinnig, sinnlich, zur weiblichen Fülle und Weichheit sich neigend; 
Hermes (Mercur), schlank-kräftige, gymnastische Bildung, gewandt, 
elastisch; die Formen wie "gedreht vom Drechsler" in Festigkeit und 
Härte erscheinend; Ares (Mars), machtvollere, athletische Entwicklung, 
breiter, stark-schnell; Apollo, schönste Erscheinung nach Harmonie des 
edlen Seelischen und Körperlichen, Kraft ohne Auffälligkeit von Gym- 
nasten- oder Athletenthum, edelster Schwung der Linien. Der reife, 
Mann: Zeus (Jupiter), höchste harmonische Mannescrscheinung, Kraft, 
Schönheit, Würde. In ihrer Vorliebe für Athletik bildete die spätere 
griechische Zeit das Ideal des körperlich kräftigen Mannes noch beson-
	        
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