162
Das
Thierreich.
feurige Augen und die beweglichen, scharf geschnittenen, weder zu
langen noch zu kurzen Ohren beleben. Die Nase ist durch die schuau-
benden, gerötheten Nüstern ausgedrückt. Die Lippen sind ausgeprägt,
weich. S0 hat der Kopf durch alle Organe treffliche Auszeichnung,
was durch die scharfen Formen der Ganaschen noch verstärkt wird.
Das Haar ist kurz und glänzend und lässt das Milskelspiel durch-
schimmern. Ohne die Knochen durch Spitzen und Ecken hervortreten
zu lassen, wie wir es oft beim Rindvieh sehen, ist die Körperform
doch bestimmt, der Rumpf belebt; Brust, Rippen, Bauch, Rücken,
Flanken gehen wohl vermittelt, ohne löcherähnliche Senkungen oder
scharfkantige Risse in einander über; die Horizontale des Rückens
und Bauches ist durch schönen Schwung aus der Starrheit der Geraden
befreit. Ein Pferd, welches diese Anforderungen nicht erfüllt, ist häss-
lich. Hässlich also das Thier, dessen Hals mit dem Leibe in einer
Flucht liegt oder gar sich senkt, hässlich, dessen Kopf in zu stumpfem
Winkel am Halse sitzt, vom eingedrückteu oder vom Fiedelbogen-
rücken zu geschweigen. Der Esel ist hässlicher als das Pferdyschon
weil Kopf und Hals sich wenig über die Horizontale heben. Ich will
beim Pferde auf die Ueberleitnng und dadurch Verbindung hinweisen,
die uns die Natur zwischen Erdboden und Thier zeigt. Der feste
Boden wird mit dem Geschöpf, das er trägt, durch den Huf-vermittelt.
Auf die unorganische Erde wird ein Fundament von unorganischer
Masse gestellt, darauf der Organismus sich erhebt. Das Horn der
Hufe macht bei allen Thieren den Eindruck des Elastischen.
Die wehenden Mahnen und der Schwanz des Pferdes machen das
rennende Thier lebendiger, Hiegender. Dann bekommt auch der weit-
vorgestreckte Hals und Kopf beim Lauf ein ästhetisches Gegengewicht
durch den gehobenen, Hatternden, nachschwimmenden Schwanz, dessen
Mangel Hirschen, Rehen u. s. W. immer etwas Gestutztes, freilich auch
etwas Beschleunigtes giebt, indem die ganze Körperwucht dadurch
nach vorn, also in die Richtung des Laufes, geworfen wird.
Auf die herrlichen Bewegungen des Pferdes, namentlich im Galopp,
ist schon verwiesen. Von den unzähligen Verherrlichungen des Pfer-
des will ich nur die aus dem Hiob herausgreifen: Es strampfet auf
den Boden und ist freudig mit Kraft und zeucht Geharnischten ent-
gegen. Es spottet der Furcht und erschricket nicht, und fleucht vor
dem Schwerd nicht. Wenn gleich wider es klinget der Köcher und
glänzet beide Spiess und Lanze. Es zittert und tobet und scharrt in
die Erde, und achtet nicht der Drommeten Hall. Wenn die Drommete
fast klinget, spricht es huil und reucht den Streit von ferne, das
Schreien der Fürsten und Jauchzen. Eine grossartige Schilderung
des Dichters eines sonst pferdeschellen Sfülllmes- Nur den Hund
sehen wir noch verschiedenartiger als unser Culturpferd. Welch ein
Unterschied zwischen einem shetländischen oder schwedischen Zwerg-