Volltext: Populäre Aesthetik

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Das Thierrcich. 
zeigen; es gleicht einem arbeitsamen, aber wenig umsichtigen, 
schwatzenden, furchtsamen Weibe, gleicht aber auch diesem in der 
Furchtlosigkeit, wenn es gilt, die Kinder, die Küchlein zu schützen. 
Der Hahn ist durch Haltung, Form und Farbe stattlich, am interessan- 
testen aber durch sein Souveränitatsgefühl und durch seinen Muth. Er 
ist ein ritterlieher Held, wie schon seine Sporen zeigen. 
Im Fasan, vorzüglich aber im Pfau, sehen wir das Hühner- 
geschlecht mit „allen Farben Indiens" überschüttet. 
Unsere Ente ist ein drolliger Vogel. Sie zeigt wenig Brusthaltung, 
dagegen viel Bauch; sie ist Fressthier. Ihr Gang watschelt ungeschickt, 
dabei ihr sehr würdevolles, dann wieder drolliges Benehmen lasst sie 
komisch erscheinen. Obwohl sie nicht besonders klug aussieht, ist sie 
sehr dummpiitiig. Die Gans hat besseren Gang, zeigt ebenfalls ein 
gewisses plumpes Vornehmthuii. Enten wie Gänse haben abgeschlos- 
senen, sich selbst genügenden Character. Farbe, Grösse, Sclnviiiig der 
Formen zeichnen den Schwan aus. Mit gerade getragenem Hals wird 
er steif, unschön; mit gebogenen: Hals und segelartig gehobenen Flü- 
geln giebt er auf dem Wasser ein herrliches Bild. Würde, Majestät 
liegt in seinen Bewegungen. Am Wasscrgrunde seine Nahrung suchend, 
ist er fast so lautlos wie der Fisch geworden. 
Auf das Komische der Stelzfüssler, wie z. B. des Storehes, ist 
schon hingedeutet. 
Die, durchschnittlich kleinen, Singvögel bilden eine erfreuliche 
Ordnung. Sie sind fast alle durch zierlichen Bau und echt Vogel- 
massige Haltung, weniger durch glänzendes Federkleid ausgezeichnet. 
Der Körper ist wohl gegliedert, proportionirt, nicht durch überlange 
oder übel-kurze einzelne Theile, wie Schnabel, Hals, Beine u. s. w., selt- 
sam und komisch. Die Vogelbewveglichkeit, die in den grösseren Vogel- 
arten mehr versclnviudct und nach der Gemessenheit der grösseren 
Landthiere hinüberweist, findet sich bei ihnen vollständig ausgedrückt. 
Luft und Erde haben sich, wie Herdcr sagt, in ihnen verbunden und 
den Gesang erzeugt. Ueberdiesen und seinen ästhetischen Eindruck 
ein Wort zu sagen ist unnöthig. Man braucht nur die ästhetischen 
Interpreten der Natur, die Dichter, darüber zu hören, deren Lyrik 
zuweilen aus nichts Anderem als aus Blumcn- und Vogelgesangverklä- 
rung mit dem dazu gehörigen Sonnenschein oder Sterngefunkel besteht. 
Ich sagte früher schon, dass namentlich die Vögel die stumme 
Vegetation zu beleben hätten. Zu ihrem lauten Gesange würde ein 
buntes Kleid in soweit nicht passen, als ausserdem Gehör auch noch 
das Gesicht alsdann die Sänger leicht entdecken würde. Durch die 
Unscheinbarkeit des Gefiedcrs sowie durch ihre Kleinheit sind sie 
gesicherter. Dadurch entsteht nun aber eine interessante Besonderheit. 
Man denke an die Nachtigall. Im Fliederbusch oder über den Blumen 
in denLauben sitzt sie und singt verborgen die zum Herzen dringen-
	        
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