Die Vi
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Die Riechorgane öffnen sich in den hornigen Schnabel, der das Gebiss
ersetzt. Die Ohren haben keinen sichtbaren Ausdruck, ausgenommen
wenige Vögel, bei denen sie durch Federbüschel markirt werden. Der
Leib oder Rumpf ist durchschnittlich ungeglietlert. Alles an ihm
scheint vorne Brust zu sein. Das fleckige, weiche Federkleid, sowie
die Schwung- und Schtranzfedern zeigen grossen Farhenreichthum.
Neben den erdigen Farben auch die hellen, feurigen Farben der Blüthen
und Blätter, also auch Roth, Gelb, Blau, Grün u. s. w. Ein für alle
Mal soll hier auf den Zusammenhang der Farben mit dem Aufenthalts-
orte hingewiesen werden, den wir häufig zum Schutz gewaliren. Der
grüne oder graue Papagei hat die Farbe der Blätter oder der Rinde
des Baumes, der Adler hat Felsenfarbe, der Colibri ist blüthenfarbig,
das Schneehuhn weiss u. s. w. Die Stimme ist frei geworden. Wo Luft
und Wasser sich im Wasservogel verbinden, hören wir mehr Gekreisch,
Geschnattei- u. dergL, als uns zusagende Töne. Auch die blossen Luft-
vögel, wie z. B. die Schwalben haben eine wenig melodiöse Stimme.
Der schnelle Flug würde den Gesang zerreissen. Die Erd- oder Lauf-
vögel ähneln an Stimme mehr den Landthiercn. Aber wo Luft und
Erde das Reich des Vogels bilden, da erscheinen die lieblichen uns
allbekannten Sänger, die mitihrem schmetternden, freudigen Gesange
Himmel und Erde beleben; da hängt singend die Lerche in blauer Luft,
tlötet die Nachtigall in den Lauben, pfeift die Drossel im grünen Wald.
Nach den Fischen und Amphibien "finden wir erst im Vogel wieder
ein bewegtes, regsames Leben, wie es die lnsecten der höheren Stufen
zeigen. Nichts mehr von der Regungslosiglteit des kaltblütigen Fisch-
reichs, die nur stossweise in Bewegung übergeht, in welchem der ganze
Körper bis auf Schwanz und Flossen unbeweglich erscheint, nichts
mehr von der gleichen Trägheit der Amphibien, die stundenlang in
Ruhe verharren, bis sie plötzlich nach einem Ziele schiessen; bei den
Vögeln ist Alles Leben, Aufmerksamkeit, Umschau, Beobachtung. Wo
dies nicht der Fall, erscheint uns der Vogel unnatürlich, gegen den
Vogelcharactcr verstossend, ebenso, wenn nicht die bezeichnete Gliede-
rung zu sehen ist. Der Vogel wird dann hässlich oder komisch n. s. w.
Der Vogel gehört dem Luftreich an. Er soll fliegen. Vögel, die
dies nicht können, mögen an sich, wie die grossen Erdvögel zuhöchst
stehen, aber sie erfüllen nicht die Anforderungen, die an ihr eigent-
liches Wesen gemacht werden. Sie erscheinen nicht schön, sondern
absonderlich, hässlich oder komisch, grotesk u. s. w. Man denke an
den Pinguin und an den Strauss, diesen Kanguruhvogel, der kein
rechter Vogel mehr ist, sondern schon als halbes Saugethicr erscheint,
während jener, der Pinguin, ein Flossen-, ein Fischvogel ist.
Bei den vielen Verschiedenheiten kommt es darauf an, den
Vogel, der in mehreren Elementen zu Hause ist, in seinem Haupt-
elemente zu sehen. Dem Luftvogel, der Schwalbe, scheinen die Füsse