Volltext: Populäre Aesthetik

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Vegetation. 
Die 
mag, sehliesslich unbefriedigend. Wie lange wir uns auch in ihr ge- 
fallen, endlich wollen wir doch auch Leben schauen, was nicht mehr 
so gebunden wie die Piianze ist, sondern freie Bewegungskraft hat, 
Geschöpfe, die nicht blos vegetiren, sondern handeln. Darum gehört 
zur Vegetation für uns der Anblick des Thiers. Auf die Verschieden- 
heit der Pflanzenwelt nach den Jahreszeiten kann hier nur hingewiesen 
werden. Das "Wachsthum, die Farbe oder der Mangel der Blätter 
kommt dabei besonders zur Anschauung. Wie wohlthatig deren kräf- 
tige Farbe, namentlich Grün im Winter, auf uns wirkt, ist bekannt. 
Es ist mitten in Eis und Schnee Bürgschaft des Frühlings. Ohne 
Blätter erscheint die Pflanze komisch, abnorm (Cactus), oder als Ge- 
ripp und erinnert uns dadurch an den Tod. Die zu Nadeln aufgerollten 
verhärteten Blätter geben ihr einen starren Ausdruck. Ferner hemmen 
sie, eng zusammensteheild, das Auge mehr als gewöhnliche Blätter. 
Sie machen dadurch leicht einen zu compacten schweren Eindruck, wie 
wir dies bei den Tannen sehen, wo jeder Arm eine unaufgelöste Masse 
bildet. Licht und Schatten und Helldunkel kann in ihnen nicht wie in 
dem Laube spielen. Nadelholz ist darum steifer, strenger, finsterer. 
Die Textur des Holzes giebt ihm Zähigkeit und Elasticität. Wenn 
spröde Festigkeit eharacteristisch ist für die Erdtheile, so wollen wir 
die zum Holz Verhärtete Pflanze zäh, biegsam, elastisch sehen. Bäume, 
die diesen Eindruck nicht machen, sind uns nicht so wohlgefällig, sei 
es dass sie zu weich, wie die Pappel, oder zu mineralisch-spröde 
erscheinen. 
Wir Menschen (lrücken die Vertieale aus, die Linie vom Boden 
zum Zenith. Ein Gleiches finden wir in der Vegetation als Grniidzug 
vorgezeichnet. Wir werden jetzt sehen, wie die Natur in den ilächst 
höheren Bildungen, wahrhaft stufenweise, wieder auf die Horizontale, 
die Längsrichtung zur Erde sinkt, um allmälig; wieder zur Senkrechten 
aufzusteigen. 
Es versteht sich, dass (liejenigen Bildungen der Natur von uns 
für die schönsten gehalten werden, in denen ein in sich einig erschei- 
nendes Wesen seinen vollkommenen Ausdruck findet. Nicht allein die 
Bildungen also werden wir für ästhetisch hässlicher halten, die vom 
Erdreich zum Piianzenreich, sondern auch die, welche vom Ptianzen- 
zum Thierreich hinüberleitcn. Das Doppelte ihres Wesens wird uns 
hässlich oder komisch, grotesk, barock u. s. w. erscheinen. Ebenso 
werden innerhalb der verschiedenen Arten oft zwitterhafte Bildungen 
sich zeigen. Alle diese sind ästhetisch 1lll'VOllkOn]mGl191'. Am klarsten 
wird man dies im Thierreich erkennen.
	        
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