Die
Vegetation.
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löst sich nach oben der Baum in das feine Gitterweik der die Blätter
tragenden Zweige auf. Die Borke, Rinde des Stammes macht dabei
die Ueberleitung von dem Unorganischen der Erde zum leichten Blätter-
schmuek, in dessen saftigem Glanz wir gleichsam das Leben kreisen
sehen.
Farbe und Duft bildet nach Aussen den Ausdruck der Vegetation.
Mit der Tonwelt steht sie nur in untergeordneter Beziehung durch die
Bewegungen im Wind, der mit ihr wispert, flüstert, kost, rauscht, tost.
Aesthetiseh wichtig sind dabei die Schwingungen für das Auge,
dies Beugen, Neigen, Aufrichten, Hin- und Herwiegen.
Die Tonkraft liegt übrigens nur versteckt in der Vegetation. Man
braucht nur an die wunderbaren Töne zu denken, die die Kunst des
Menschen dem Holz entlockt, an Flöte, Orgel u. s. w.
Die kleineren Pflanzen erfreuen uns meistens durch Formenzier-
lichkeit, Farbe und Duft. Die grosscn aber können in das Erhabene
steigen. Höhe, Ausdehnung, Mächtigkeit überhaupt, machen einen
Baumriesen zu einer Welt für sich. Da sind Tausende von Zweigen
und Aesten, ein unzähliges Blätterwerk wölbt sein Laubdach darüber.
Wenn darin kräftige Gruppen durch die grossen Astgliederungen uns
erfreuen, Alles durch eine schöne Stammeinheit zusammengehalten und
geordnet, so haben wir ein herrliches ästhetisches Bild, das durch
den sehmetternden Gesang der Waldsänger, Lockruf, Bienensummen,
Windesrausehen s. w. noch den fehlenden Reiz des Tons zu er-
halten scheint.
Die Farbe im Allgemeinen ist von der grössten Verschiedenheit;
die der Blätter meistens die grüne. Im Frühling herrscht im Grün ein
heller, freudiger Ton vor; im Herbste bräunt es sich, häufig in Gelb-
braun oder Roth spielend. Dies Braun und Roth hat wohl erdfarbigen
Ton, das Gelbliche ist meistens unrein und daher ohne muntere An-
regung. Die Farbenpracht vieler Blumen ist bekannt. Sie begreifen
alle Farben bis zum reinsten Weiss. Die schönsten Blumen, die ent-
falteten farbigen Blüthen mit angenehmem Duft, gehören grössten-
theilse- wie die Singvögel bei den Vögeln den kleineren Pflanzen-
arten an.
Der Baum ist die höchste Pdanzenbildung wegen der wechselnden
Gliederung. Auch der Strauch gliedert sich schon in reicher Weise,
aber die Einheit fallt bei ihm noch auseinander. Doch besteht er schon
ästhetisch für sich. Bei den Kräutern sinkt die Gliederung auf Blatt
und verhärteten Blattstengel. Doch müssen wir auch hier speeielleren
Studien ein näheres Eingehen überlassen.
Die Früchte sind ästhetisch durch Form und Farbe, Geruch und
Geschmack und ihre Eigenartigkeit. Diese letztere drückt sich schon
durch das Loslösen von der Pflanze aus. Die Frage, wie sie dieser
gegenüber zu schätzen sind, ist ziemlich so müssig wie die, ob das