Erde.
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Wildheit und Zerrissenheit zeigt. Grade am Gebirge mag man sich
recht die Bedeutung des Maasses klar machen. Es erscheint uns sehr
gross, so lange wir es messen, erhaben, so wie uns der Maassstab dafür
verloren geht. Sehe ich z. B. die Wolken dicht über den Kuppen
lagern, so erscheinen mir diese sehr hoch. Sehe ich aber hohe Wolken-
schichten das Gebirge bedecken, aber über diesen Wolken noch Berg-
spitzen oder Gebirgsmassen in die blaue Luft ragen, so reicht der
höchste Maassstab nicht mehr aus und Erhabenheit waltet dort oben.
Als ich das erste Mal das Hochgebirge sah und gewahr wurde, dass GS
nicht Wolken seien, was über schweren Wolken emporzackte, sondern
der Grat des Wettersteingebirges, dort in der Himmelsblaue, da verging
mir fast der Athem und eine Freude schwoll zum Herzen, als ob die
Brust zerspringen müsse.
Statische Gesetze beherrschen die Erdmassen. Was ihnen zu
widersprechen scheint, z. B. schroff überhangende Felsen, macht uns
den Eindruck, als wolle es stürzen, fallt also leicht ins Furchtbare.
Auch das Komische kann sich zeigen. Wir brauchen nur durch die
Formationen an ein Gesicht, an Nasen u. dgl. erinnert zu werden, um
über den Widerspruch zu lachen.
Die Erde gilt uns als das Feste. Widernatiirlich also erscheint ihre
Bewegung. Daher haben Erdbeben etwas Furchtbares, Grausiges.