Volltext: Populäre Aesthetik

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Ueber des Meeres Erhabenheit oder Furehtbarkeit brauche ich 
kein Wort zu verlieren. Unendlich erscheint seine Fläche, unergründ- 
lieh seine Tiefe, unwiderstehlich seine Macht. Die stolzen Werke des 
Menschen, die Schiffe, wirft es gleich Nussschaalen auf seinen empörten 
YVogen. 
Die. Erde haben wir nach ihren Theilchen und ihren Massen zu be- 
trachten. Ueber die Theile wollen wir schnell hinweggehen. Wie der 
feste Wassertropfen als Eis schon sich krystalliniseh gestaltete, so 
durchschnittlich auch die Theilehen des Erdkörpers. In der Krystalli- 
sation zeigt sich die Ordnung seiner Materie zuerst ausgesprochen und 
zwar als starre mathematische Ordnung. Begrenzung, Regelmässigkeit, 
Symmetrie, Proportion etc. tritt an den Krystallen hervor. Siege- 
winnen durch die scharfe Begrenzung etwas Eigenartiges, Eigenlebiges. 
AlsTheilehen stehen uns darum die ausgebildeten Krystalle am höchsten; 
sie erscheinen uns als gesetzmässig in ihrer Gestaltung und unseren 
ilernunftgesetzen entsprechend, also schön, namentlich wenn sie durch 
Glanz oder Durehsichtigkeit und h'arbenreiz auch die Lichtfreude in 
uns erregen. Meistens können sie als Theilchen wegen ihrer Kleinheit 
nur einen kleinlichen Eindruck machen. Das Eigenartige, Lebendige 
ihrer Form bei ihrem anscheinendcn Todtsein erweckt übrigens leicht 
den Eindruck eines unaufgelösten Rathsels, des Wunderbaren. Daher 
so häufig der Aberglaube, der den Krystallen, insbesondere den glänzen- 
den Edelsteinen, magische Kräfte zuschreibt. Das Formlose, Zer- 
fallende erscheint für die Erdbestandtheile den Anforderungen wider- 
sprechend und somit hässlich. Der Schutt, das sogenannte Grusige, ist 
uns unangenehm. Die Erde soll uns tragen, soll fest sein, aber nicht 
breiig, durchweielieiid. Die Festigkeit macht also bei ihr einen ästhe- 
tisch angenehmen Eindruck. Feste, krystallinische, glänzende und 
ausserdem das Tonleben durch Klang verkündende Körper gelten 11118 
daher für die schönsten. Gold z. B. hat Festigkeit, reine Farbe, Sehr 
schwer zu trübcnden Glanz, Krystallform, Klang. Der Diamant hat wie 
alle Steine weniger Klang, aber die grösste Festigkeit, Glanz, Farben- 
pracht. hiarmor hat Festigkeit, Farbe, feine Krystallisation, Glanz, 
Lichtempfangliehkeit bis in gewisse Tiefe. Granit hat mehr Unruhe der 
Farbe, keine Lichtempfänglichkeit wie der Marmor etc.  Jeder mag 
sich danach die ästhetischen Bedeutungen der verschiedenen lürdbe- 
standtheile "selber suchen. 
Während die Wassertheilchen in einander verschwimmen, behalten 
die Erdtheile ihre Eigenartigkeit. Wo sie gr-össere Körper bilden, fällen 
diese unter die von uns aufgestellten Gesetze und können danach die 
verschiedenartigsten Eindrücke, schöne, hässliche, langweilige, komische 
etc. erzeugen. Diese Formationen aber eingehender zu besprechen, ist 
hier kein Raum. Den Wissbegierigen müssen wir auf die Geologie 
verweisen.
	        
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