Farben.
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Wärme und Licht. Blau hat weniger Wärme und Licht als die frühe-
ren. Es hat daher leicht etwas Kaltes, Finsteres als Umgebung. Violett
hat noch weniger, nähert sich leicht dem Finsteren.
Ausser diesen, aus dem Wesen des Lichts geschöpften Ein-
drücken, haben wir bei den Farben noch andere Vorstellungen in
Betracht zu ziehen, um ihre Eindrücke zu erklären. Folgen wir auch
dabei dem trefflichen Oersted: Das Rothe erinnert an das Blut. Das
Orange an das Feuer, das Grün an Feld und Wald und dadurch an
die feste Oberfläche der Erde. Das Blau erinnert an das Himmels-
gewölbe und gleichfalls an die Ferne. Braun, sagt Vischer, ist das
ergiebige Pflanzen und Thiere trlagende Erdreich; es erscheint als
Farbe der Nützlichkeit (auch des Trockenen, Hausbackexien). Grau
vermittelt Schwarz und Weiss, daher wirkt es sanft beruhigend.
Auf die symbolischen Bedeutungen der Farben ist hier nur ein
flüchtiger Blick zu werfen. Weiss bedeutet Reinheit, Schwarz ohne
Glanz Trauer. Auch das licht- und warmeleere Violett trauert.
Grün ist Hoffnung wie Frühlingsgrün. Roth ist Liebe, auch Pracht
und Macht. Es deutet auf das Herzblut auf die Liebe. Dann
Zeigt es auch das Blutrecht an, die Macht über Leben und Tod. Gelb
ist rein wie Gold. Doch bedeutet es auch Untreue, Verrätherei, weil
es so leicht schmutzt. Blau heisst Farbe der Treue. Es schmutzt
nicht leicht. Ausserdem spiegelt sich darin der (iedanke an den
Himmel, das Unwandelbare.
Wichtig, aber sehr schwierig und streitig ist die Lehre von der
Harmonie der Farben. Es ist bekannt; dass manche Farben neben-
einander einen unangenehmen, andere einen wohlgefälligen Eindruck
machen. Welche Gesetze existiren darüber? Geben wir zuerst die
bisher am allgeineinsten angenommene Erklärung.
Das weisse Licht gilt als die Einheit. Wenn das Licht nun aber
in Farben auseinander spaltet, so verlangen wir kraft des uns inne-
W0l1nenden Harmoniedranges nach der Harmonie, nach dem Einheit-
lichen des Lichts.
Nehmen wir Grün. Grün entsteht durch Mischung von Gelb und
Blau. Gelb, Blau und Roth geben aber erst Weiss. Im Grün fehlt
vollständig das Roth. Diese Ergänzungsfarbe zum Weiss verlangen
wir also instinctiv. Grün und Roth giebt vereint die Liehtfarbe, die
Harmonie. Die Erganzungsfarben gewinnt man einfach durch folgende
Rundstellung der Farben (s. p. 124) in der Folge des Regenbogens.
Gelb entbehrt Blau und Roth, verlangt das ihm gegenüberliegende
Violett. Blau entbehrt Gelb und Roth, verlangt als Complementäirfarbe
Orange. Roth entbehrt Gelb und Blau, verlangt Grün.
Orange entbehrt Blau, verlangt dies also u. s. w. Das Auge sieht
darum, wenn es scharf auf Grün blickt, daneben einen röthlichen
Streifen. Hat es Both und Gelb vor sich, so verlangt es Blau, sieht