Volltext: Populäre Aesthetik

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Bewegung, Klang und Licht. 
spürt man Aufregung. Die Blumen erschliessen sich, die zur Nacht 
ihre Kelche geschlossen hatten. Unruliig werden die Thiere, nament- 
lich die Luftkinder, die sensible Vogelwelt. Alles beginnt in seiner 
Sprache den Morgen zu begrüssen. Selbst der Wind scheint nicht 
mehr schlummern zu können und rauscht von Kühle der Wärme ent- 
gegen. Und nun steigt unter dem Jauchzen der Schöpfung das Tages, 
das Lebenslicht wieder herauf.  
Nun ist die Furcht verbannt  
Es lebet und freuct sich 
WVas da. athmet im rosigen 
Licht. 
Das Sonnenlicht istgleichsam stete Lebenskraft. Zu hell, zu blendend 
kann es aber darum auch überreizend wirken und durch die Ueber- 
spannung unserer Nerven empfindlich und schädlich werden. Dabei 
aber hat es durch seine Vertreibung jeglichen Dunkels etwas Verstan- 
desgemässes, das sich bis zur Nüchternheit steigert. Es zeigt Alles 
scharf, bestimmt; lässt nichts verschwimmen, vernothvrendigt dadurch 
kein Hinzudenken, kein Träumen. S0 setzt es die Phantasie ausser 
Thatigkeit und kann etwas Nüchtern-Arbeitsames bekommen. 
[Ich will hierbei für das Naturschöne allgemein auf Vischefs 
Aesthetik verweisen, dessen Buch über das Natursc-höne womöglich 
Jeder lesen sollte. Eine Fülle der feinsten und schärfsten Bemer- 
kungen ist darin znsammengedrängt, ohne dass philosophische hianier 
den weniger Geübten abschreckte. Sodann auf, die Aesthetik Köstliifs 
und dessen eingehende und liebevolle Behandlung dieses ganzen Ab- 
Schnittes] 
Anders als das Erwachen des Tages wirkt sein Ausgang. Der 
Gedanke an das Dunkel stimmt uns wehmuthsvoller, wenngleich der 
Körper nach der Anspannung des 'I'ages sich nach AbSpälllllljllg und 
somit nach Schwächung des aufregenden Lichtes sehnt. In die Befrie- 
digung also, dass der Schlaf uns nun wieder erquicken soll, mischt 
sich instinctive Trauer um das Hinabsinken des lichtbringenden Ge- 
stirns, dessen Glanz, nachdem es so mächtig die Welt durchstrahlt, 
nun verschwimmt, erblasst, stirbt. 
Auch das Schöne muss sterben, so spricht es da wohl in unserer 
Seele, oder der Untergang des Erhabenen tritt uns im Sonnenuntergang 
mit seinen tragischen Empünthrngen entgegen. 
Das Licht ist so sehr Lebensbedingung, dass wir leicht jeden 
Wechsel wie ein lürlöschen ansehen und dadurch unser Wohlgefallen 
verlieren. Das stete Ausströmcn des Sonnen-, hlondeir, Sternenlichts, 
jedes Lichtes überhaupt wird uns darum erst in langen Zeiträumen 
eilliönig- Erst nach dem langen Tag verlangen wir Ruhe, darum 
Abnahme des Lichtes; erst viele Sonnentage lassen uns wohl einen 
Wechsel durch Wolkentage wünschen. Doch ist hier die Forderung
	        
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