Tonwelt.
Licht.
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sausende dumpfe Schläge dazwischen wir werden erdrückt; unsere
Seele sinkt zusammen vor dieser Gewalt; Millionen von Schreckens-
geistern scheinen entfesselt und Himmel und Erde ihrer Vernichtung
anheimgegeben. Plötzlich Todtenstillel Die Stille wird dann das Maass.
Danach ist die Wuth furchtbar, entsetzlich.
Vergeblich wäre hier der Versuch, die Tonwelt im Allgemeinen
anzupacken. Nehmen wir nur das Wasser. Das tropft, das plätschert,
murmelt, gurgelt, bollert; das brodelt, singt, rauscht, braust, grollt,
das brandet, tost und brüllt eine Elluth von Tönen. Und alle die
Empfindungen dazu! Die Unruhe des kurzen Plätscherns, die Seelen-
stimmung durch das Klingen und Singen, Steigen und Fallen eines
Springbrniniens, die zehrende Energie im Sturz des Wasserfalles; das
Wnchtige, Kräftige der langanrollenden Welle, des tiefaufrauschenden
Meeres; der Drang und Kampf, der Zerfall in dem Brüllen der Brandung.
Und wie nun das Lautwerden überhaupt schildern, das Summen,
schwirren, Klappern, Tönen, Klingen, Singen, Schallen, Sansen, Grollen,
Donnern n. s. w. vom Schwirren des Insects bis zum Krachen des
Vulcans, vom Wispern des Grases bis zum Geheul des Stu-rmes.
Luft und Erde erzeugen den Ton, wie Herder sagt. Der Vogel,
das Kind beider Elemente, ist darum der Tonträger der Geschöpfe.
Von der Erde empor, in den Zweigen sitzend, oder in den Lüften
hängend, schmettert er sein Lied. In die Luft hebt sich sein Haupt,
frei den Schall verbreitend. Das Wasser hat nur niedere Klangfühig-
keit in sich. Es vibrirt zu langsam. So ist auch sein Reich stumm.
Der Fisch kann höchstens einen schnalzenden Ton von sich geben. Der
Schwan, der Segler der Wiegen, trägt schon dessen Fluch der Stumm-
heit. Selbst das Vogelgeschlecht, das mehr als er Luft und Wasser
Wechselt, hat keine schönen 'l'önc, sondern knärrt, schnattert, qnakt.
Wie sollte es auch singen lernen am ewig gesprächigen und rauschen-
den, tosenden Meer.
Wenden wir uns zum Lieht. Es ist lüxistenzbedingilng. Ohne
Licht kein Leben. Instinetiv begrüssen wir es daher mit reinem
Wohlgefallen. YVir sind Lichtgeschöpfe, wie fast alle Thiere und
Pflanzen, die wie wir schon im Dunkel verkommen, indem der Lebens-
process darin gestört wird. Pflanzen z. B. verlieren ihPGrün und
Werden farblos.
Dunkel ist uns verhasst für die Lebensthatigkeit. Nur für ein re-
latives Aufhören derselben im Schlaf ist gemindertes Licht uns ange-
nehm. Aber die absolute Finsterniss, die Grabesnacht wird grässlich;
Sie gähnt uns an wie ein Abgrund des Nichts, in dem unser Sein anf-
hört. Wer je in einem unterirdischen Verliess war, oder in einer Höhle,
wie etwa in der Baumannshöhle, der weiss, welches Schauergefühl uns
beschleicht und das Herz umschauert, wenn die letzte Lampe ausge-
löscht wird. Das Auge spannt sich an, einen, nur den schwächsten,
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