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Klang und
Bewegung ,
Licht.
darüber nervös. Schon das Ticken einer Uhr in der schweigenden
Oede der Nacht kann uns dann aufathmen lassen, das Schlagen ferner
Glocken, das Geschrei des Hahns, das Bellen eines Hundes. Es ist
Leben, reisst uns aus dem Nichts. Wir sind nicht mehr allein, nicht
mehr vom Schweigen des Todes umgeben.
Dagegen ist nun ein starker Ton, dann Lärm u. s. w. anreizend,
erregend. Wenn es auch blosser Lärm ist, so wirkt schon dieses
Lautsein. Man kann das auf jedem Jahrmarkt bei den Schaubuden
sehen. Je toller das Geschrei der Ausrufer, das Trommelgeivirbel,
Lauten, Sehellenschlagen, das Brüllen der Thiere, desto ziufgeregter,
begehrlichcr, wagender die Stimmung. Natürlich wirken diese niederen
Erscheimmgeli des Tons nur auf die niedrigeren Seelen in vollster,
wohlgefalliger Kraft. Für feiner organisirte Ohren ist solcher Lärm,
alles Tosen und Schreien durcheinander, unangenehm. Das Ungeord-
nete, Unharnionische kommt zur Geltung und unterdrückt die Freude
am Ton für sich.
Eintönigkeit ist, wenn wir unsere Ielauptbegriffc an die Tonwelt
legen, hässlich, Verworrenheit desgleichen. Es ist dasselbe, wie das
Gekritzel der Striche. Die erste freiere Ordnung ist der Tact. Er
hebt die Einförmigkeit und ordnet zugleich. Wir gewinnen weiter den
Rhythmus, indem wir einen Wechsel im Ausdruck, im Verstärken oder
Abschwiichen, Aufsteigen oder Sinken des Tones erkennen oder ein-
treten lassen. Harmonisch wird dann das Miteinander der Töne in
ihrer Gesetzmässigkeit, melodisch ihr Nacheinander.
Auch auf die Stimmen in der Natur lasst sich das Gesagte anwen-
den. Langanhaltender, immer gleicher Ton wirkt langweilig, wenn
nicht beängstigend oder widerwärtig hässlich. Im ersten Fall macht
er uns einen ilnlebendigen Eindruck; bei dem zweiten Fall fühlen wir
wohl, von Anderem abgesehen, unser natürliches Maass, das Anhalten
des Tons durch die Stimme, so überschritten, dass uns der Athem
darüber ausgehen würde; durch diese Silbstituirung unseres Ichs werden
wir beklominen und beängstigt. Langweilig ist auch die ewig gleiche
Wiederkehr, z. B. das Gezirp des Regenpfeifers. Uebcrmässige Kürze
erscheint unruhig, zerrissen, unter Umständen zitternd, ängstlich. All-
zustarkes Anschwellen und Abtönen macht den Eindruck des Maass-
losen. Es kann danach hässlich erscheinen, wic das Widerstrebende
der Töne hässlich wirkt, und furchtbar. Erscheinen die Töne für uns
maasslos, aber erfüllen sie in sich Maassforderungen, so werden sie
erhaben. S0 der lange rollende Donner. Der Donnerschlag ist furcht-
bar. Ebenso kann man den Sturm nehmen: Lang anhaltende, gleiche
Töne Einförmigkeit, Langeweile, Traurigkeit, Beängstigung; nun
plötzlich viele scharfe, kurze Stösse hintereinander Unruhe, Zer-
fallrenheit; nun Anschwellen, die Kraft wächst und wächst noch
höher, noch höher wo hinaus? wo endet das? es heult, pfeift, schrillt,