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Das
Komische.
hinkend und eingefallen zu sein. Es ist dies das Kreuz bei allen Humo-
risten, die vergessen, dass der Humor eine herrliche Beigabe, aber
nicht die Hauptsache ist. Sie geben dann eine Mahlzeit von lauter
- süsscn und sauren Beigaben, die den Hungrigen nicht sattigen, sondern
nur täuschen und ihm sehliesslich den Magen verderben.
Das Tragikomische entsteht durch das Zusammenschiessen des
Tragischen und Komischen. Das Tragische löst sich komisch auf
statt des Schwertstreiches, der das Haupt vom Rümpfe trennt, ein
Schlag mit einem nassen Handtuch. Oder ein Komisches hat unglück-
lichen Ausgang der Clown ahmt einen ungeschickteii Fall nach, fallt
wirklich ungeschickt und bricht ein Bein. Man kann es sich leicht nach
dem Komischen und 'l'ragischen (Unglücklichen) construiren.
Es gilt hier noch einen Begriff zu erörtern, der mit dem, was über
die Ironie bisher gesagt ist, nicht verwechselt werden darf. Es ist dies
die sogenannte Ironie der Romantiker, die ursprünglich nur die Frei-
heit des Künstlers gegenüber seinen Schöpfungen bedeuten soll. Wenn
die Trauer z. B. im Drama weint, so tritt die Narrheit dazwischen und
lacht. Der Künstler darf aber nicht mehr der Narrheit einen traurigen
Zug geben; er muss sein eignes Mitgefühl im Zügel halten können. Der
ist noch ein Stümper in der Kunst, der seinen Pegasus nicht nach Be-
lieben führen kann, mit dem das Ross macht, was es will, nicht die
Gangart geht, die es soll. So lange die Empfindungen das Gebiss
zwischen die Zähne nehmen und durchgehen, nicht eher einhaltend, als
bis sie müde sind, so lange kann man von allem Andern, nur noch
nicht von Kunst sprechen. Diese Beherrschung wurde nun "Ironie" ge-
nannt; der Künstler müsse sich "ironisch zu seinen Gebilden verhalten.
Bald ging jedoch die echte Bedeutung davon verloren und die gewöhn-
liche der Ironie schob sich in den Satz. Nun meinten Künstler, sie
müssten in Allem ironisch sein, um sich wahrhaft frei zu zeigen.
Und so trugen sie nun die Zersetzung in ihre eigenen Gestalten.
Namentlich verfielen sie dabei in schlechten Humor. Um zu zeigen,
dass sie freie Künstler waren und ihr Spiel wiederum ein Begriff,
der tausend Missverständnisse erzeugt hat mit dem Stoffe trieben,
warfen sie. die Extreme durcheinander, bewitzelten, verhöhnten und
zersetzten Alles, was sie schufen, und zersetzten sie sich, die Künstler.
schliesslich selbst. Und diese Disharmonie, in der Stoff, Welt, Künst-
ler, in der Alles auseinander fiel, das galt für Kunst! das sollte harmo-
nischen Eindruck machen! Nichtiges Spiel Alles! Seligkeit und Koth,
Sterne und das Lieht des Bordellfeusters, das Höchste und das Nied-
rigste, das Reinste und das Schmntzigste ward durcheinander geworfen;
da gab es nichts Heiliges mehr, denn die Ironie verlangte ja, (l21S Hei-
lige in den Staub zu werfen und mit Füssen darauf zu treten, nichts
Grosses, denn der Nachtstuhl durfte nicht vergessen werden. Schliess-
lich zerrinnt Alles, bis auf Ehre, Vaterland, Streben und Leben selbst.