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Das Komische.
stehlich einen komischen Eindruck bewirkt. Eine hässliche Maske ist
etwas furchtbar Hassliches, weil das Todte der Maske zum Hässlichen
kommt. Aber wir wissen, dass ein lebendiges und wie wir annehmen
wollen, ein hübsches Wesen dahinter steckt und dieser Gegensatz er-
scheint wohl komisch. Für ein feines ästhetisches Gefühl giebt es
übrigens dabei engere Grenzen, als gewöhnlich angenommen werden.
Masken können abscheulich sein trotz Bewusstseins des Gegensatzes.
Das Komische des Niederen, das erhaben scheinen will, ist be-
kannt; es bietet ja ein unerschöpfliches Thema, vom aufgeblasenen
Frosch und dem Esel in der Löwenhaut bis zu den Malvolios, Pistols,
Parolles. Alles Prahlen und alles Grossmaulige gehört hierher; Iros
der Bettler und Thersites.
Plötzliches Umschlagen in das Furchtbare und Schreckliche ist,
wie schon gesagt, heikler Natur, kann aber doch wohl von komischer
Wirkung sein. Nehmen wir ein sanft erscheinendes Thier, dem sich
Jemand voller Zuversicht oder mit dnmmdreister Rücksichtslosigkeit
nähert. Gesetzt, Jemand will ohne Wleiteres einen schönen Hund
streicheln oder einen Leoparden necken und plötzlich fährt der Hund
ihm in die Hand oder der Leopard trifft ihn mit einem blitzesgeschwin-
den Schlag, so wird sich unwillkürlich die Lachlust unserer bemäch-
tigen, wenn auch der angerichtete Schaden dieselbe schnell zurück-
drängen sollte. Allerdings wirkt hier auch der Gegensatz der Dumm-
heit oder Dreistigkeit und der schnellen Belehrung und des Schreckens.
Doch möchte das wahrhaft Grausig-e als unkomisch anszuschliessen
sein, indem der Anforderung, dass das Komische sich unschädlich auf-
lösen möge, dabei kaum zu genügen ist, es sei denn, dass wir uns
auf einen sehr egoistischen Standpunkt versetzen.
Um aus den tausendtaclien komischen Gegensätzen noch einige
hervorzuheben, denke man nur an das Plumpe Zierliche, z. B. den
Bar, der tanzt, an das Starke Schwache, Muthige Feige, Grosse
Kleine n. s. w. An den Bramarbas, der davon läuft, haben wir
schon erinnert. Wie komisch ist der ertappte Heuchler und der Auf-
schneider und Lügner und wie nun alle die Träger des sich in Nichts
auflösenden Widerspruchs heissen, wenn sie sich für uns unschädlich
zeigen. Unschadlich für uns! Für sich und Alle, die es gut mit ihnen
meinen oder von ihnen abhängen, leider gewöhnlich nur zu schädlich!
Man nehme z. B. den Lügner oder den Trunkenen oder gar den Narren.
Vernunft und Unvernunft treten beim Trunkenen und Narren in Wider-
spruch. Der Fremde kann über den Tlrunkenen lachen, während An-
verwandte vielleicht die bittersten 'l'hranen über ihn vergiessen oder
Verdruss und Zorn empfinden. Selbst der Irre, ja der Wahnsinnige
erscheint wohl wegen des inneren Widerspruchs lächerlich, obgleich
eine gesittete Zeit in diesen Krankheitserscheinuiigen mehr das Schad-
liche und Traurige als kindisch leichtsinnig das Komische zu berück-