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Das Komische.
Was Dieser den Ausdruck komischer Empfindung nennt, nennt Jener
tadelnswerthe Schadenfreude oder hamisehe Bosheit.
Welcher Art muss der Widerspruch des Komischen sein?
Im Allgemeinen darf man sagen, dass er ungewöhnlich, als Ueber-
raschung, auftreten muss. Wie wir beim Tragisehen ein natnrgemässes
Absterben verwarfen, so hier die langsame, ruhige Auflösung des
unschädlichen Widerspruchs. Das Komische verliert sich, wenn die
Gegensätze nicht in schneller Folge aufeinander platzen und zer-
springen.
Eine Haupterscvheinnng des Komischen besteht darin, dass eine
Empfindung plötzlich in ihren Gegensatz nmschlagt und durch diesen
Gegensatz aufgehoben wird. Man lasse das Schöne in das Ilässliche,
das Erhabene in das Niedere, das Furchtbare in das Gewöhnliche, und
wie nun die Gegensätze heissen, fallen und man wird einen komischen
Eindruck haben.
Nehmen wir für den komischen Widerspruch einige Beispiele.
Zuerst das viel angeführte des in erhabener Rede Alles begeisternden
Redners, der plötzlich vom Niesen überrascht wird, oder des Trium-
phators, der in seinem würdevollen Aufzuge stolpert, um nicht
schlimmere Menschlichkeitcn bei hoch laathetischen Gelegenheiten an-
zuführen. Hier ist Erhabenhcit dem Wesen wie der Erscheinung nach
angenommen. An diese springt der Gegensatz des Gewöhnlichen oder
Niederen heran. Ein komischer Widerspruch zwischen Jenem und
Diesem, durch den das Erhabene aufgehobemwird, kommt zu Tag.
Wir lachen. Man nehme den Liebling der Venus Adonis. Es ist ge-
wiss traurig, dass der Eber den schönen Jüngling tödtet. Aber man
stelle sich denselben schönen und kräftigen jungen Helden vor, wie
ihm das Schwein zwischen die Beine läuft und er mit unfreiwilligem
Purzelbaum in den Schlamm fallt und übel bedekt und verschmiert
daraus sich wieder aufrichtet, so würde man dies durchaus komisch
finden. Eifersüchtige haben freilich nicht viel Gefallen an komischer
_Rache und der schöne Adonis musste sterben.
Wie das Furchtbare komisch erscheinen kann, ist oft genug, um
ein Beispiel herauszugreifen, in Thierbuden zu sehen. Namentlich das
gewöhnliche Volk, das die Dinge einfach nimmt, wie sie sind, zeichnet
sich durch Freude an solchem komischen Widerspruch aus. Es braucht
kein Affe oder plumper Bär zu sein, der an den Stangen seines Käfigs
in voller Wuth rüttelt, um eine Menge Zuschauer in die grösste Lust-
barkeit zu versetzen; selbst der mächtigste Löwe oder Tiger erregt
diese Empfindungen, wenn er wuthbrüllend gegen die Stangen springt
Oder mit den furchtbaren Pranken nach der Gabel des Wärters schlägt.
Seine Wuth und Kraft und seine Ohnmacht zu schaden tritt in komi-
sehen Widerspruch für alle diejenigen, die nicht zartfühlend genug
Sind, mit dem mächtigen Thier Bedauern zu empfinden oder nicht