Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Kirchlich-politische 
Gestaltung des Abendlandes. 
macht hatte, war es den Päpsten leicht, wenigstens im Innern ihres 
Landes die höchste Gewalt zu behaupten. Schon Martin V., aus dem 
alten streitlustigen Geschlechte der Colonna, aber vom Constanzer 
Concil auf den päpstlichen Stuhl erhoben, hielt seinen Einzug in 
Rom an der Spitze eines Soldheeres, und seine Nachfolger, selbst 
Nicolaus V., der Freund und Gönner der Humanisten, waren vor 
Allem darauf bedacht, sich in ihrer Landesherrlichkeit zu befestigen 
und gegen plötzliche Angriffe ihrer Unterthanen zu sichern. Freilich 
waren sie dann aber auch genöthigt, die Interessen ihres Landes nach 
aussen hin zu schützen; auch hier waren sie nicht mehr blos das 
Oberhaupt der abendländischen Christenheit, sondern zunächst ita- 
lienische Fürsten, die sich gegen die Uebergriife ihrer Nachbarn oder 
sonstige fremde Einliüsse sichern, gefahrdrohenden Bündnissen vor- 
beugen, überhaupt sich auf die Winkelzüge der Politik einlassen 
mussten. Die italienischen Staaten bildeten ein eignes, in sich abge- 
schlossenes politisches System, bei dem es anscheinend auf Erhaltung 
des Gleichgewichts und des Friedens ankam, während doch jeder 
auch an eine Vergrösserung seiner Macht und seines Besitzes dachte. 
Die Nahe der Territorien und die Mannigfaltigkeit der Beziehungen, 
das Bewusstsein eines ursprünglich unrechtmässigen oder doch sehr 
zweideutigen Erwerbs und die Besorgniss vor unterdrückten Gegnern 
und geheimen Feinden, dann die Leidenschaftlichkeit und die Neigung 
zu versteckten listigen Anschlägen, die im Nationalcharakter liegt 
und durch die bisherigen Schicksale der Nation gefördert war, alles 
dies gab diesen politischedHandeln ein Gepräge von Argwohn, 
Hinterlist und Grausamkeit. Während sonst die politischen Händel 
meistens auf einem Conflict wirklicher oder angeblicher Rechte be- 
ruhen, hatte man hier das Bewusstsein, gar nicht mehr auf dem 
Boden des Rechtes zu stehen; es gab kein anderes Recht, als die 
Macht, keinen andern Titel des Erwerbes als Usurpation, kein 
Mittel der Erhaltung als Gewalt, List und Energie. Es war kaum 
denkbar, dass das Oberhaupt der Kirche in dieser unreinen Atmo- 
Sphäre sich völlig rein erhalten konnte. Jedenfalls aber war die 
Zeit, wo das Wort des Papstes mächtig zünden und die Reiche er- 
schüttern konnte, wo es die Christenheit zu gemeinsamen, grossen 
Unternehmungen sammelte, bleibend vorüber. Pius II. war der letzte 
Papst, der ernsthaft an einen Kreuzzug dachte; bei 86111911 Nilßll- 
folgern blieb zwar dieses Wort noch eine Zeit lang im Gebrauche, 
aber als herkömmliche Phrase, auf deren Erfüllung Niemand rechnete. 
Nicht blos der Egoismus der Völker und ihrer Regierungen, das Vor- 
herrschen der Sonderinteressen, sondern auch die veränderte Stellung
	        
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