Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Carl Schnaasds Biographie. 
LXXXI 
Verehrung des langjährigen Studiengenossen. Immer einsamer wurde 
es. Zehn Jahre früher war Kugler heimgegangen. Guhl, Mündler, 
Eggers, Hotho folgten nach. Der alte Kreis der Fachgenossen, welcher 
einst Berlin zum Mittelpunkte kunstwissenschaftlicher Bestrebungen 
gemacht hatte, war durch den Tod gelichtet und durch mancherlei 
Schicksale aufgelöst. Immer noch hielt Schnaase trotz seiner wanken- 
den Gesundheit sich aufrecht, und die wunderbare Elasticität seines 
Geistes siegte stets von Neuem über die Gebrechlichkeit des Körpers. 
Im Herbst 1871 liess er sichis nicht nehmen, trotz der schon vorge- 
rückten Jahreszeit die Holbein-Ausstellung in Dresden zu besuchen, 
und in einem grösseren Aufsatz voll Feinheit und Besonnenheit des 
Urtheils, abgedruckt in der Zeitschrift „Im neuen Reich", die Ergeb- 
nisse seiner Untersuchungen niederzulegen. Aber die Rauhheit der 
Witterung zog ihm eine Verschlimmerung seines Leidens zu, welches 
sich bis tief in den Winter hinein geltend machte und erst den mil- 
deren Lüften des Frühlings zu weichen schien. Dennoch war er mit 
bewundernswürdiger Spannkraft unablässig bemüht, sich neue An- 
schauungen zu verschaffen und den ungewöhnlichen Umfang, den seine 
Autopsie auf dem künstlerischen Gebiete gewonnen hatte, stets weiter 
auszudehnen. Wie er 1869 die internationale Kunstausstellung in 
München besucht hatte, so regten ihn Mittheilungen über eine von 
mir ausgeführte südwestdeutsche Studienreise im Herbst 1871 zu 
einer beschwerlichen Fahrt nach Donaueschingen, Constanz, Stein am 
Rhein, Solothurn, Basel, Colmar an; ja noch im Sommer 1872 benutzte 
er einen längeren Landaufenthalt in Cannstatt, der uns wieder die 
Freude eines andauernden Verkehrs gewährte, zu einem Abstecher 
nach Tiefenbronn, um die merkwürdige Altartafel des Lucas Moser 
und das bedeutende Altarwerk von Hans Schühlein aus eigener An- 
schauung würdigen zu können. Damals war es besonders der täg- 
liche Austausch mit seinem hochgeschätzten Freunde Grüneisen, der 
ihn erquickte. Es waren schöne inhaltsvolle Tage, denen auch die 
Weihe der von Schnaase innig geliebten Musik nicht fehlte; denn im 
Hause Julius Stockhausens, welchen Schwaben damals den Seinigen 
nennen durfte, wurden uns wiederholt Genüsse der seltensten Art 
bereitet. 
Schnaasefs Kunstgesch. 
VIII 
	        
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