LXXIV
Schnaasefs Biographie.
Carl
Vaterlandes ihn mit tiefer Niedergeschlagenheit erfüllten. Alles dies
wirkte so erschöpfend auf seinen Zustand ein, dass es schon damals
eine Zeit gab, wo die Freunde Tag um Tag für das schwer he-
drohte theure Leben zittern mussten. Nur die sorgfältigste und
liebevollste Pflege wandte die äusserste Gefahr ab. Doch sah er
sich gezwungen, nach mehr als dreissigjähriger Dienstzeit seinen Ah-
schied zu nehmen, um in grösserer Musse sich seinem grossen kunst-
geschichtlichen Werke zu widmen.
Um so eifriger blieb er fortan den Interessen der Kunst zuge-
wendet. Er war Mitglied einer berathenden Museums-Co1nmissi0n,
welche indess, unter der Verwaltung des Herrn v. Olfers, zu einer
irgendwie durchgreifenden Wirksamkeit nicht kommen sollte. Auch
dem künstlerischen Leben der Gegenwart war er freundlich gesinnt,
wie er denn mehrere Jahre an der Spitze des Vereins der Kunst-
freunde stand. Indess sah er mit Betrübniss, wie sehr der Mangel
eines bedeutenden geistigen Inhaltes die heutige Kunst zur Ver-
ausserlichung treibe. Von den regelmässigen Ausstellungen schrieb
er einmal: "Mir erwecken dieselben meist ein wehmüthiges Gefühl.
Man kann sich an einigen technischen Fortschritten erfreuen, aber
man sucht vergeblich nach den geistigen Zielen dieser Technik. Die
Kunst wird immer mehr ein Hors (Poeuvre, ein gleichgültiges Spiel
für müssige Leute. Der Staat kann dafür nicht viel thun; seine Auf-
gabe besteht nur darin, zu erhalten, die technische Ausbildung zu
fördern, damit die nöthigen Kräfte da. sind, wenn über Nacht der
Geist sich einfinden sollte. Alles, was wir thun können, ist, die Sehn-
sucht nach dem unbekannten Ertrage, den die Kunst unserem selbst-
zufriedenen Wesen gewähren könnte, zu wecken und zu nähren."
Besonders aber wandte sich sein tiefreligiöser Sinn den Bestrebungen
zu, den Gottesdienst der evangelischen Kirche durch die Weihe der
Kunst zu heben. Er gehörte zu den Begründern des "Vereins für
religiöse Kunst in der evangelischen Kirche", und rief in Verbindung
mit geistesverwandten, befreundeten Männern, mit Carl Grüneisen und
Julius Schnorr von Carolsfeld, zur Förderung dieser Interessen das
„Christliche Kunstblatt" in's Leben, dessen Redaction er bis an sein
Ende angehörte. Die beiden schönen im Druck erschienenen Vor-