Schnaasds Biographie.
Carl
LXXI
als Herausgeber des "Deutschen Kunstblattes", eifrig unterstützt von
den tüchtigsten Fachgenossen, einen Ersatz für das eingegangene
Cottasche Kunstblatt zu bieten suchte. Schnaase betheiligte sich
fleissig durch eigene Beitrage, welche hauptsächlich das Gebiet der
mittelalterlichen Kunst umfassen. Dahin gehört namentlich der durch
kritische Feinheit und weiten historischen Blick ausgezeichnete Auf-
satz über die Baukunst des Mittelalters, bei Gelegenheit einer Be-
sprechung des bekannten Werkes von Mertens, womit eine scharfe
und würdige Abweisung des anmaassenrlen Auftretens dieses Autors
verbunden war: In denselben Jahrgang 1852 und den folgenden
fallen sodann die höchst bedeutenden Arbeiten über die religiöse
Kunst und die Kritik, sowie über das Verhältniss der Künstler zu
ihren Stoffen in Form einer ebenso feinen als geistvollen Polemik
mit dem Herausgeber, wo dann die philosophische Tiefe des Ver-
fassers sich im glänzendsten Lichte zeigt.
Ich selbst trat damals in diesen Kreis ein, indem ich die Phi-
lologie und das Schulfach mit der Kunstgeschichte vertauschte. Es
war die Zeit, wo von allen Seiten ein Wetteifer entstand in Erfor-
schung der Denkmale des Mittelalters; es gab damals noch ganze
Provinzen Deutschlands, deren läunstleben genauerer Erforschung
harrte. Mit welch reger Theilnahme begleitete Schnaase alle diese
Untersuchungen, an denen er einen so hervorragenden Antheil hatte.
Als ich im Jahre 1851 eine mehrmonatliche Wanderung antrat, um
die Monumente meiner Heimathprovinz Westfalen zu erforschen, traf
ich mit dem verehrten Meister in Driburg zusammen, WO sich der-
selbe zum Gelwrauch einer Badekur aufhielt. Wie glücklich war ich,
ihm meine Entdeckungen vorlegen zu dürfen! Mit welch' aufmun-
ternder Güte ging er auf meine Mittheilungen ein! Wie wusste er
Muth und Vertrauen durch seinen Zuspruch zu heben! Und als ich
dann mit meinem Werke über die mittelalterliche Kunst in West-
falen hervortrat, war er es wieder, der im Jahrgang 1854 des Deut-
schen Kunstblattes meine Arbeit in die Welt einführte. In solchen
Besprechungen ging er stets vom Einzelnen aus, vertiefte aber den
Gegenstand durch seine universelle, auf's Ganze gerichtete Anschau-
ung in solcher Weise, dass man nun erst des im Stoffe liegenden