Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Carl SchnaaseFs Biographie. 
LXVII 
Christ geworden wäre, wie jetzt; ich halte das grosse Wunder der 
Erhaltung des (fhristenthuins durch die Reihe der Jahrhunderte, der 
Umgestaltung der ganzen sittlichen Welt durch dasseslbe für den 
stärksten Beweis seiner Wahrheit, und halte denjenigen, welcher durch 
die Betrachtung dieses Wunders die Ueherzeugung gewinnt und (lurch 
Sie zum Christenthuni gelangt, für einen ebenso legitimen Gläubigen, 
zur lürkennt- 
der anderer 
wie jeden andern. Ich weiss überhaupt nicht, wie man 
niss der Heilswahrheiten auf anderem Wege als zu 
Wahrheiten gelangen könne, wir lernen Alles (lurch Vernunft und 
ldrfzthrung, und so auch jene. Gott hat die Thore seines Reiches für 
Alle geöiiiiet, und jene engherzig Gläubigen versündigen sich an ihren 
Mitmenschen, wenn sie denselben die Predigt des Glaubens nicht in 
jener einfachen, allen verständlichen Weise vortragen, und bei den 
Tragen oder Widerstrebenden den Wahn erwecken, dass der Glaube 
eine besondere Begabung, einen sechsten Sinn, voraussetze. Es ist 
ein 
Missbrauch, 
jetzt 
noch 
Rationalismus zu reden, 
VOII 
nm-Juleln 
jene 
heuchlerische oder doch laue Parthei unter den Theologen ausge- 
storben ist und uns vielmehr die Gefahr einer ganz anderen, weit 
gefährlicheren und feineren Heuchelei droht. Allerdings gibt die 
blosse Verstandeserkenntniss noch nicht den seligniachenrlen Glauben; 
wer bei jener Erkenntniss kalt bleibt, nicht die innere Erfahrung 
von ihrer Wahrheit, von der Nähe Gottes und seiner in uns spre- 
chenden Stimme macht, nicht (ladurch tief innerlich erschüttert zur 
Busse und zur Erneuerung seines Lebens geführt 
kein Christ im wahren Sinne des Wortes, sondern 
wird, der ist 
ein trockener 
110011 
Ver- 
standesmensch, in diesem ungewöhnlichen Sinne ein Rationalist. Aber 
so gewiss dies in abstracto, so schwer, ja unmöglich ist es, darüber 
m concreto zu urtheilen, und ein solches Urtheil ist geradezu un- 
christlich. Auch wird es wohl einerlei sein, 0b einer durch innere 
Herzenserfahrungeii (etwa durch eine plötzliche Erkenntniss der Sünde, 
oder durch eine wunderbare Rettung) zum Christenthuni bekehrt 
wird, oder ob ihm diese Erfahrungen zu Theil werden, nachdem ihm 
(lurch verständige Beweise über die Echtheit der Lehre die Augen 
geöffnet wurden. 
Aus dieser falschen Stellung zur ilernunft iliesst alles Uebrige. 
u.
	        
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