Cappella Pazzi.
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Diese Kuppel selbst ist, wie die des Domes, mit doppelter
Wölbung versehen, von denen die äussere als unmittelbare Trägerin
(lei- Dachziegel und der luftigen aus einem ursprünglich offenen
Rundtempel bestehenden Laterne dient. Die innere Kuppel ist zwar
nicht, wie am Dome, steil anstrebend, aber auch nicht eine einfache
Halbkugel; sie besteht aus zwölf starken, noch fast gothisch pro-
glitten, aber halbkreisförmig zusammengefügten Rippen, zwischen
denen über senkrechten Schildwänden hochansteigende Kappen ge-
wölbt sind. An diesen Hauptraum der Capelle schliesst sich dann
auf der Rückseite ein kleiner quadratischer Chor mit einer Kuppel
an, welche gleichen Durchmessers, wie die der Vorhalle, ist und, wie
diese, eine einfache Halbkugel bildet. Das Ganze ist also, im Gegen-
satze gegen die langgestreckten und der Verlängerung fähigen gothi-
sehen Bauten, eine in sich abgeschlossene, gewissermaassen centrale
Anlage. Um die grosse Kuppel und den quadratischen Raum, den
sie bedeckt, lagern sich auf allen vier Seiten kleinere Räume; in
der Längenrichtung die von den beiden kleinen Kuppeln, in der
Breite die von den schmalen Tonnengewölben bedeckten. Die Vor-
halle hat dann die Bedeutung, diesen Gegensatz aufzuheben, indem
sie Kuppel und Tonnengewölbe verbindet. Dasselbe Bestreben, die
ganze Anlage als eine organische, in sich abgeschlossene darzustellen,
zeigt sich dann auch in der Wiederkehr derselben Eintheilung, welche
den Dimensionen des Innenraumes so vortrefflich angepasst ist, dass
die grössere Seite die Eintheilung der kleineren, und zwar als ihren
mittleren Theil, in sich enthält und nur um die Pilasterstellung
vermehrt, welche als Trägerin der Tonnengeivölbe wieder der klei-
neren Seite dient. Auch die Maasse sind darauf berechnet, überall
einen Einklang zu geben und den Beschauer in einfache, leicht ver-
ständliche Verhältnisse einzuführen. Die innere Höhe der Kuppel ist
fast das Doppelte der Grundlinie ihres Quadrates. Wiederholt scheint
in den Nlaassen, sowohl des Flächenraumes, als der Höhe, das Ver-
hältniss des sogen. Goldenen Schnittes beabsichtigt, nämlich, dass von
zwei ungleichen Dimensionen die kleinere sich zur grösseren verhalte,
wie diese zum Ganzen.
Leon Battista Alberti der jüngere Zeitgenosse Brunellescds,
der erste Theoretiker der neuen von diesem practisch angebahnten
Bauweise, spricht von den musikalischen Proportionen der Bau-
ten, ohne Sie näher zu erklären, und unser Anonymus wiederholt
dasselbe Wort unter den Vorzügen der antiken Architektur, welche
Brunellesco in Rom sich anzueignen gesucht habe. Ohne Zweifel
ist dabei an Verhältnisse dieser Art gedacht und es ist sehr wahr-