Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Filippo Brunellesco. 
dass bei seinem Tode die Fortsetzung keine Schwierigkeit erregte. 
Auch die Zeit hat seine Berechnung vollständig bestätigt; noch heute 
steht der mächtige Bau, wie er ihn erdacht, ungefährdet, noch heute 
ist die so gewaltige und doch so schlanke Kuppel mit jener hohen, 
luftigen Laterne die edelste Zierde der schönen Stadt. Nur ein von 
ihm beabsichtigter Schmuck der Kuppel ist unterblieben. Am Fusse 
der Wölbung hatte er nämlich zur Bekrönung des Tambours auf 
demselben eine Arcatur anbringen wollen und ein Modell dafür ge- 
macht. Die Ausführung wurde verschoben, und als man im 16. Jahr- 
hundert sich daran erinnerte, war jenes Modell nicht mehr auf- 
zufinden. Baccio d'Agnolo wurde daher mit Anfertigung eines neuen 
Planes beauftragt, den er dann auch auf der einen der acht Seiten 
ins Werk setzte. Michelangelo, der um diese Zeit nach Florenz 
kam, tadelte aber diese Arbeit, sowohl in aesthetischer, wie in sta- 
tischer Beziehung, so stark dass man die Fortsetzung aufschob, zu 
der es dann auch später nicht kam. In der That ist.dadurch nicht 
viel verloren; die Form der Kuppel zeichnet sich reiner und edler 
da, wo jene Gallerie fehlt, und es wäre vielleicht wünschenswerth, 
sie völlig zu beseitigen. 
Während dieses Hauptwerk seines Lebens fortschritt, hatte 
Brunellesco Gelegenheit, eine Reihe anderer Gebäude zu errichten, 
in welchen er andere Seiten seiner künstlerischen Richtung ent- 
wickelt, die dort keine Stelle fanden, und deren Einüuss auf die 
weitere Entwickelung der Kunst kaum geringer sein dürfte, als der 
der berühmten Kuppel. Während er bei dieser, aus Gründen der 
Ziveckmässigkeit oder der Harmonie, sich dem Style der älteren 
Theile des Domes angeschlossen, wenigstens (mit Ausnahme der 
Laterne) keine augenscheinlich der Antike entlehnten Gliederungen 
angebracht hatte, tritt er in jenen anderen Bauten entschieden als 
Neuerer auf, der von der Formbildung seiner Vorgänger sich ab- 
wendet, einen anderen Styl erstrebt und sich dabei mit Bewusstsein 
und Sachkenntniss der antiken Architektur zuwendet. Freilich ist 
er keinesweges sclavischer Nachahmer, sondern durchaus freier, er- 
{indender Künstler, er weicht in vielen Beziehungen von dem römi- 
schen Herkommen ab, nähert sich mittelalterlichen Formen, Oder 
schaift Neues, das weder hier noch dort sein Vorbild hatte. Aber 
die historische Grundlage, deren die Architektur bedarf, findet er in 
den antiken Verhältnissen und Formen; diese sind es, von denen er 
ausgeht, die er verwendet und näher bestimmt.
	        
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