und Reformation.
Humanismus
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eine heimtückische Verfolgung zu, wobei dann die ganze Schaar der
Humanisten für ihren Altmeister und für die Sache der Bildung und
Duldung eintrat. Die Gerechtigkeit dieser Sache und die scharfe
und glückliche Satire, mit welcher die „Briefe der Dunkelmanner",
nicht der Witz eines Einzelnen, sondern ein gemeinsames, man könnte
sagen nationales Werk der humanistischen Partei sie unterstützte
verschaffte ihr einen glänzenden Sieg, zog Viele zu ihr hinüber und
ermuthigte ihre Anhänger, als deren Vorkämpfer man den jugend-
lichen, aber hochbegabten und kühnen Ulrich von Hütten nennen
kann, zu immer heftigeren Angriffen. Ueberdies hatten einige fast
gleichzeitige Falle aufgedeckter mönchischer Betrügereien und die
wachsenden Anmaassungen und Erpressungen der höheren Geistlich-
keit und der Curie, die in Deutschland bei dem Mangel einer ein-
heitlichen, kräftigen Regierung sich Alles erlauben zu dürfen glaubten,
die öffentliche Meinung im höchsten Grade aufgeregt. Wichtiger war
aber, dass durch die grössere Zugänglichkeit der Literatur freies
Denken und durch die Verbreitung der Sprachkenntnisse das Studium
des Urtextes der Heiligen Schrift immer häufiger wurden, dass auch
unter den Geistlichen Unzählige Zweifel an der Begründung des
herrschenden Systems und die Ueberzeugung gewannen, dass den
drückenden und die Seelen verwirrenden Missbräuchen nur durch
eine Abänderung desselben abgeholfen werden könne. S0 war durch
die humanistischen Studien der Reformation der Boden bereitet,
die dann, als sich das geeignete Werkzeug dieser grossen Gottesthat
gefunden, sofort rasch um sich griff und in Deutschland überwiegen-
den Anklang fand.
Aber ebenso, wie der italienische Humanismus, hatte nun auch
die Reformation eine Einwirkung auf alle Völker des Abendlandes.
Ueberall fand sie Anhänger und bestimmte, siegreich oder unter-
drückt, die weitere Politik. In der Schweiz fand sie sehr bald
einen zweiten Stütz- und Ausgangspunkt, in England wurde sie
nach kurzem Widerstreben herrschend, in Frankreich hatte sie
wenigstens eine bedeutende Partei für sich, in Spanien konnte sie
zwar bei dem herrschenden Fanatismus nicht aufkommen, hatte nun
aber die Folge, die Nation in der bisherigen monarchisch-katholi-
sehen Richtung einseitig zu bestärken. Endlich aber fand sie auch
in Italien verwandte Geister, deren theils unsichere, theils leicht
unterdrückte Bestrebungen aber nur zu einer Restauration des Ka-
tholicismus und zu einem geistigen Systeme führten, in welchem
auch der Humanismus, bei seiner Indifferenz und Fügsamkeit, Auf.
nahme fand. Die erneuernde Kraft, welche im fünfzehnten Jahr-
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