Carl
Schnaasäs Biographie.
LIX
Discussionen, aber zu keiner vollständigen Einigung, führten, da Jeder
von einem anderen philosophischen Grundbegriff ausging. Mit Zu-
stimmung nicht allein, sondern mit bewundernder Anerkennung wurden
(lagegen die einleitenden Capitel jedes Abschnittes aufgenommen, die
interessante Charakteristik der Länder und Völker im Ausdruck ihres
Gesannntlebens, der Einfluss ihrer örtlichen Lage auf die Entwickelung
ihrer Cultur und Geschichte, und rein und schön hob sich aus diesem
Bilde die zarteste Blüthe des Lebens: die Kunst. Begeistert folgte
man des Freundes Vortragen, es war den Meisten eine neue Welt,
die sich aufthat, eine reiche ungeahnte Erweiterung ihres Gesichts-
kreises. Interessante Gespräche folgten den Vorlesungen, die Be-
trachtung guter Bildwerke schloss sich an, unbefangenen Fragen ward
die liebenswürdigste Belehrung und Erläuterung, und unvergesslich
bleiben jene Abende den Ueberlebenden.
Es war bereits ein Contract über den Verlag des Buches in
Berztthung genommen, du wurde Schnaase noch vor dem Erscheinen
des ersten Bandes seiner "Geschichte der bildenden Künste" im Jahre
1841 durch die Veröffentlichung von Kuglefs "Handbuch der Kunst-
geschichte" überrascht, ja einen Augenblick fast erschreckt. Er war
durch seine Studien in den letzten Jahren immer mehr in die Grösse
und das Gefühl der Verantwortlichkeit seiner Aufgabe geführt werden,
und neben dem Bewusstsein, dass seine Behandlungsweise ganz ihm
eigen, neue allgemeine Gesichtspunkte schuf, wusste er sehr wohl, dass
er der zünftigen Gelehrsamkeit nicht angehöre und dass in der Be-
handlung des Technischen Kugler sein Meister sei. Bei seiner edlen
Bescheidenheit, und bei einer in seinem Charakter liegenden, schwan-
kenden und abspringenden Beurtheilung gegenwärtiger Dinge, wenn
diese ihn unmittelbar und plötzlich berührten, ward er bei diesem
Ereigniss vorübergehend irre an der Berechtigung seiner Arbeit. Aber
es gelang ihm, innerlich seine Aufgabe und die Kuglefsche klar aus-
einander zu setzen, und sein reines Bedürfniss befriedigte sich, indem
er sein Buch Kugler widmete und in der Zueignung in feiner Weise
das Verhältniss beider Werke offen aussprach.
Im Februar 1843 begann der Druck des ersten Bandes, im Ver-
lag von Julius Buddeus, und mit Ernst und Eifer wurde der zweite