Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Entdeckung neuer Welttheile. 
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und von den übrigen Nationen theils einfach aufgenommen, theils 
nach ihren besonderen Bedürfnissen umgestaltet wurden. Die grossen 
Ereignisse, in denen dieser Process zur Ausführung kam, sind theils 
zu bekannt, theils zu reichhaltig, als dass ich mich auf ihre Einzel- 
heiten einlassen dürfte. Es genügt, sie einfach aufzuzählen, um uns 
so den Eindruck zu vergegenwärtigen, den sie auf die Zeitgenossen 
machten und der sich in der Kunst widerspiegelt. 
Voran gehen die grossen Erfolge der Seefahrt und die Ent- 
deckungen neuer Länder und Welttheile. Das Bedürfniss nach einer 
Aussenwirkung, das nach Beendigung der Glaubenskriege und dem 
neuen Zeitgeiste gemäss eine mehr mercantilische Richtung nahm, 
gab dazu den ersten Anstoss und trieb das kleine, auf schmalem 
Küstenstreifen zusammengedrängte Volk der Portugiesen zu plan- 
massigen Seefahrten, die schon 1419 die Entdeckung von Madeira, 
dann das ganze Jahrhundert hindurch die weitere Kenntniss der 
afrikanischen Küste und des daran stossenden Meeres und endlich 
1498 die Umschiffung des Vorgebirges der guten Hoffnung bis nach 
Indien zur Folge hatten. Aber die Erstarkung der spanischen Mon- 
archie musste mit italienischer Wissenschaft und mit dem leiden- 
schaftlichen Eifer italienischer Individualität zusammentreffen, um 
das weltumgestaltende Resultat der Entdeckung Amerikas herbeizu- 
führen (1492 bis 1498), das sofort, wenn auch nicht durch eigenen 
Ländererwerb, so doch in seiner allgemeinen Wirkung, allen Völkern 
des Abendlandes zu Gute kam. Es gab ihnen das Bewusstsein der 
Ueberlegenheit ihrer Bildung über alle anderen Völker und eine Weite 
des Blicks in räumlicher und zeitlicher Beziehung, wie sie keine 
frühere Zeit gekannt hatte.  
Die praktischen Wirkungen, welche dies grosse Ereigniss auf 
den Verkehr und auf die Machtverhältnisse der europäischen Länder 
ausüben konnte, lernte man erst spät und allmälig kennen; die 
Mittel, welche man auf die Besitzergreifung dieser noch unbekannten 
Länder verwandte, waren anfangs gering und hemmten daher die 
weitere Entfaltung der politischen Macht im Abendlande in keiner 
Weise. 
Hier war Frankreich nach alter Weise das vorangehende Land; 
das Gefühl seiner überwiegenden Macht reizte es schon 1494 zu 
einem Eroberungszuge nach Italien, der dann mehrmals wiederholt 
eine Einmischung Ferdinands des Katholischen von Spanien, dann 
auch, wiewohl zunächst mit schwachen Kräften, des Kaisers Maxi- 
milian, und so Kämpfe dieser fremden Mächte auf italienischem 
Boden und wechselnde Bündnisse zwischen diesen auswärtigen und
	        
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