Religiöse Reaction.
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hatte, diesem eine ausführliche Mittheilnng machte. Ueberhaupt ist
es bemerkenswerth, welchen grossen Antheil die Italiener an den
Entdeckungsreisen hatten, die am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
so mächtig zu der Umgestaltung aller Verhältnisse mitwirkten; nicht
bloss der grosse Columbus, sondern auch Amerigo Vespucci und der
Führer des englischen Geschwaders, welches im Jahre 1497 Neu-
fundland entdeckte, Caboto aus Venedig, waren Italiener.
Gleichzeitig mit der wissenschaftlichen Reaction gegen die Ein-
seitigkeit der humanistischen Richtung trat auch eine religiöse
hervor. Der Humanismus hatte sich zwar, wie wir gesehenmhiabßen,
nicht gerade gegen Kirche und Christenthum aufgelehnt, aber er war
lau, hatte die Gleichgültigkeit und Kälte, zu der der italienische
Volkscharakter, trotz grosser religiöser Erregbarkeit, hinneigte, noch
gesteigert und zugleich durch seine Frivolitat der Sittenlosigkeit und
dem Leichtsinn der Geistlichen und Mönche Vorschub geleistet.
Andererseits hatte auch hier, wie in anderen Ländern, die Gefahr
der Kirche während des grossen Schisma zu engerem Anschlüsse an
sie bewogen, und diese Stimmung wurde nun durch jenen Gegensatz
gereizt. Es gab daher Viele, zum Theil auch unter den Freunden
der Humanisten, welche die Uebungen äusserlicher Andacht strenger
betrieben, sich geisselten, kasteiten, Nachts zu mehrstündigen Ge-
beten wecken liessen; die Zahl der kirchlichen Stiftungen mehrte
sich, das Jubiläum zu Rom vom Jahre 1450 war zahlreicher besucht
und einträglicher, als irgend ein früheres. Bussprediger, wie Berä
nardino aus Siena, Roberto da Lecco, Johann "vofißöapistrano und
Andere, durchzogen von Zeit zu Zeit das Land und hatten, wie in
den früheren Jahrhunderten, augenblicklich bedeutende Erfolge.
Auch gab es unter den Geistlichen und Mönchen noch immer viele
ernste und andächtige Männer, welche der herrschenden Verderbniss
durch persönliche Andacht und Strenge, sowie durch klösterliche
Reformen entgegen arbeiteten. Allein die Wirkungen solcher frommen
Gestalten waren vorübergehend oder vereinzelt, während die Beispiele
der Unsittlichkeit, sowie der maasslosen Ehrj und Habsucht an allen
Orten und in allen Ständen vor Augenmlagenundv" ansteckend und
verführerisch waren. Die Nachwirkungen der Humanisten waren
viel schlimmer, als sie selbst; man vergleiche nur Nicolaus V. und
Pius 11., die aus ihrer Zahl auf den päpstlichen Stuhl gelangten, mit
Sixtus IV., Innocenz VIII. und gar Alexander VI., die alle drei von
dem Vorwurfe hnmanistischer Schule völlig freizusprechen sind. Ganz
weltlichen Plänen hingegeben waren sie ausser Stande, dem wachsen-
den Verderben entgegen zu wirken. Gixtus IV. gab durch seinen
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