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Historische Einleitung.
Artl), die humoristische Schilderung betrunkener Spiessbürger, die
Sonntags zur Stadt zurückkehren, sind in gleicher Weise gelungen,
wie die "Gebete" und "Lobgesänge", in denen sich eine, allerdings
vielleicht mehr "pantheistische, als reinchristliche, aber doch wahre
und innige Frömmigkeit ausspricht. In einem längeren dialogischen
Gedichte lässt er Ficinus selbst seine Lehre vom höchsten Gute so
klar und vortrefflich vortragen, dass der etwas pedantische Gelehrte
selbst davon entzückt war und die Poesie seines edlen Schülers wieder
in Prosa zurückübersetzte.
Lorenzo stand auch in dieser Beziehung nicht allein; das poe-
tische Bedürfniss lag in der Luft, und bald hatte sich eine Schaar
von Gleichgesinnten um ihn gesammelt, zu denen unter Andern sein
jüngerer gelehrter Hausgenosse, Angelo Poliziano, sowie die Brüder
Pulci gehörten. Aus diesem Kreise ging denn auch eine neue, der
italienischen Poesie eigenthümliche Gattung hervor: das leichte,
romantische Epos. Sie war nicht das Erzeugniss eines einsamen
Dichters, sondern der gesellschaftlichen Verhältnisse. QiewTurniere,
die höchsten Leistungen der gesteigerten Festlust, reizten dazu, das
glänzende Schauspiel. durch Beschreibungen festzuhalten, und boten
sich daher der neuerwachten Dichtkunst als dankbarer Gegenstand
dar. Sie geben aber Reminiscenzen an die phantastische Welt der
Ritterromane. Zwei, solche Turniere, welche Lorenzo und sein Bruder
Giuliano in den Jahren 1468 und 1469 veranstaltet hatten, setzten
daher die Federn von Luca Pulci und von Poliziano in Bewegung.
Jener begnügte sich mit einer genaueniSchilderung der festlichen
Hergänge, dieser benutzte das Fest nur als eine Gelegenheit zu
Episoden mythologischen oder phantastischen Inhalts. Hatte man
dadurch an der Schilderung solcher ritterlichen Thaten Gefallen ge-
funden, so lag die Betrachtung nahe, dass man dazu nicht erst solche
seltenen Gelegenheiten abzuwarten brauche, sondern unmittelbar aus
den Ritterromanen, den Vorbildern dieses theatralischen Ritterthums,
Stoffe wählen könne. Luca Pulci versuchte dies zuerst, indem er
ein" wenig bekanntes, aber auch wenig anziehendes Rittergedicht be-
arbeitete, sein Bruder, Luigi Pulci, that einen glücklicheren Griff;
1) Auf einen derselben, La confessione, möchte ich nufmerksain V52:
er unzweifelhaft das Vorbild zu Goethe's Generalbeichteßgßwlfärenzo Lon-
Gedicht ist ausser in der grossen Sammlung {POESIE del magm eo äebetu
don 1801, 4) auch bei Roscoe, Lorenzo, II, 351, abgedruckt ÄMS Fchglfonla quef
Oda il sacro inno tutta 1a natura, und die Ode, Pßstätl Pläroflliläsghzwice hin
sonno, welche die Nichtigkeit irdischer Freuden schildert und au z;
weist, daselbst I, 287, 283.