Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Die platonische Akademie. 
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Frische auf dieses Thema warf und sich für die platonischen Ideen 
begeisterte. CQsmovon Medici mit seinem feinen, ahnenden Sinne 
hatte auch hier den Anstoss gegeben; er fühlte die Bedeutung des 
Gegenstandes und veranlasste einen talentvollen jungen Mann, Mär- 
silius Ficinus, den Sohn seines Arztes, sich diesen Studien zu widmen. 
Marsilius vertiefte sich denn auch wirklich in die Werke Platos und 
der Neuplatoniker und wusste seine Begeisterung seinen Schülern 
und namentlich auch dem jungen Lorenzo von Medici mitzutheilen, 
der demnächst eine "platonische Akademie" stiftete, welche die be- 
deutendstcn Gelehrten von Florenz zu ihren Mitgliedern zählte und 
sich eine Reihe von Jahren erhielt. Auf streng wissenschaftliche 
Arbeiten war es dabei wohl nicht abgesehen, sondern mehr auf eine 
gelehrte und geistreiche Unterhaltung, etwa nach dem Vorbilde des 
platonischen Gastmahls; unter den Mitgliedern, deren Verzeichniss 
uns Ficinus hinterlassen, sind Viele, deren Studien sich gar nicht 
näher an Plato anschlossen. Er selbst philosophirte zwar in plato- 
nischem Sinne und publicirte Uebersetzungen nach Plato und ächten 
oder vermeintlichen Neuplatonikern; aber auch er fasste die plato- 
nischen Lehren weniger im speculativen Sinne, als in dem einer 
mystischen Offenbarung, weniger zum Zwecke philosophischer Fort- 
bildung, als zu dem religiöser Erregung auf. Er suchte sie nicht 
bloss mit der christlichen Offenbarung in Uebereinstimmung zu brin- 
gen, sondern als eine höhere, reinere und zum Theil darüber hinaus- 
gehende Verkündigung derselben, als eine esoterische Religion, dar- 
zustellen, in welcher das Bewusstsein des Ausgangs"der Seele von 
Gott und das sehnsüchtige Streben der Rückkehr zu ihm, als dem 
höchsten Gute, die wesentlichsten Momente bildeten. Er kämpfte 
dabei eifrig gegen diejenigen, welche sich mehr an Aristoteles an- 
schliessend nach der Auslegung, die sie demselben gaben, die Un- 
sterblichkeit der Seele leugneten oder doch für unerweislich erklärten. 
Zu einer Religion war diese unbestimmte Lehre nun freilich ebenso 
wenig geeignet, wie zu einem festen philosophischen Systeme. Aber 
sie erweckte doch, im Gegensatze gegen die von den Humanisten 
ausgehende religiöse Gleichgültigkeit und Flachheit, denMSinn für das 
Tiefere und Geheimnissvolle und die Sehnsucht nach dem Idealen. 
Es lag in den platonischen Lehren etwas, das der Denkungsweise 
der Italiener sehr zusagte. Die Vorstellung von dem göttlichen Ur- 
sprunge der Seele, von der ihr inwohnenden Liebe zum Wahren und 
Schönen, die Lehre von der Wirksamkeit der Liebe, die sie bei Plato 
entdeckten, entsprachen daher ihren innersten Wünschen und wurden 
mit grösster Begeisterung aufgenommen. Dies um so mehr, als bei
	        
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