Die platonische Akademie.
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Frische auf dieses Thema warf und sich für die platonischen Ideen
begeisterte. CQsmovon Medici mit seinem feinen, ahnenden Sinne
hatte auch hier den Anstoss gegeben; er fühlte die Bedeutung des
Gegenstandes und veranlasste einen talentvollen jungen Mann, Mär-
silius Ficinus, den Sohn seines Arztes, sich diesen Studien zu widmen.
Marsilius vertiefte sich denn auch wirklich in die Werke Platos und
der Neuplatoniker und wusste seine Begeisterung seinen Schülern
und namentlich auch dem jungen Lorenzo von Medici mitzutheilen,
der demnächst eine "platonische Akademie" stiftete, welche die be-
deutendstcn Gelehrten von Florenz zu ihren Mitgliedern zählte und
sich eine Reihe von Jahren erhielt. Auf streng wissenschaftliche
Arbeiten war es dabei wohl nicht abgesehen, sondern mehr auf eine
gelehrte und geistreiche Unterhaltung, etwa nach dem Vorbilde des
platonischen Gastmahls; unter den Mitgliedern, deren Verzeichniss
uns Ficinus hinterlassen, sind Viele, deren Studien sich gar nicht
näher an Plato anschlossen. Er selbst philosophirte zwar in plato-
nischem Sinne und publicirte Uebersetzungen nach Plato und ächten
oder vermeintlichen Neuplatonikern; aber auch er fasste die plato-
nischen Lehren weniger im speculativen Sinne, als in dem einer
mystischen Offenbarung, weniger zum Zwecke philosophischer Fort-
bildung, als zu dem religiöser Erregung auf. Er suchte sie nicht
bloss mit der christlichen Offenbarung in Uebereinstimmung zu brin-
gen, sondern als eine höhere, reinere und zum Theil darüber hinaus-
gehende Verkündigung derselben, als eine esoterische Religion, dar-
zustellen, in welcher das Bewusstsein des Ausgangs"der Seele von
Gott und das sehnsüchtige Streben der Rückkehr zu ihm, als dem
höchsten Gute, die wesentlichsten Momente bildeten. Er kämpfte
dabei eifrig gegen diejenigen, welche sich mehr an Aristoteles an-
schliessend nach der Auslegung, die sie demselben gaben, die Un-
sterblichkeit der Seele leugneten oder doch für unerweislich erklärten.
Zu einer Religion war diese unbestimmte Lehre nun freilich ebenso
wenig geeignet, wie zu einem festen philosophischen Systeme. Aber
sie erweckte doch, im Gegensatze gegen die von den Humanisten
ausgehende religiöse Gleichgültigkeit und Flachheit, denMSinn für das
Tiefere und Geheimnissvolle und die Sehnsucht nach dem Idealen.
Es lag in den platonischen Lehren etwas, das der Denkungsweise
der Italiener sehr zusagte. Die Vorstellung von dem göttlichen Ur-
sprunge der Seele, von der ihr inwohnenden Liebe zum Wahren und
Schönen, die Lehre von der Wirksamkeit der Liebe, die sie bei Plato
entdeckten, entsprachen daher ihren innersten Wünschen und wurden
mit grösster Begeisterung aufgenommen. Dies um so mehr, als bei