Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Frivolität der Humanisten. 
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erhalten haben oder erwarteten. Sie machen aus diesem Zusammen- 
hange auch kein Geheimniss, scheuen sich nicht, die übertriebenste 
Lobrede sofort mit ganz bestimmten und weitreichenden Forderungen 
zu verbinden und allenfalls, wenn die Belohnung ihren Erwartungen 
nicht entsprach, das bereitsertheilte Lob zurückzunehmene-irnd in 
üble Nachrede zu verwandeln. Es war das ein ganz anerkanntes 
Gewerbe, und "sie predigten und wiederholten ohne Unterlass die 
Doctrin, dass siemes seien, welche Unsterblichkeit verleihen und 
versagen könnten, und dass Freigebigkeit gegen sie die erste und 
unerlässlichste Tugend sei. Es herrschte in den Kreisen der Huma- 
nisten, trotz ihrer gelehrten Ansprüche und der amtlichen Stellung, 
welche sie grossentheils einnahmen, einwdreister,__burschikoser Ton. 
Sie gefielen sich in "kecken und  und Erzählungen, 
bei denen dann die Geistlichen, und hauptsächlich die ltlönehe, ein 
stehender Gegenstand des Spottes wurden. Es versteht sich, dass 
man es dabei mit der Wahrheit nicht sehr genau nahm. Ein ab- 
gelegener Saal ini Lateran, in welchem die bei der Curie angestellten 
Humanisten sich nach der Arbeit Abends zu versammeln pflegten, 
erhielt von ihnen selbst den Namen des "Bugiale", der Lügenfabrik, 
und die dort vorgetragenen Witze und Anekdoten waren pikant genug, 
um dem Poggio den Stoff zu einem, natürlich in eleganter Latinität 
geschriebenen, einigermaassen berühmten Werke, den "Facetien", zu 
liefern. 
Diese geniale Frivolität schützte sie dann aber nicht gegen eine 
krasse und geschmacklose Pedanterei. Von jener Aifectation der 
Uebertragung antiker Phrasen und Namen auf die Gegenwart habe" 
ich schon gesprochen; aber auch sonst trat der sachliche Zweck gegen 
die gelehrte Beziehung immer in den Hintergrund. Ihrewklassische 
Sgrache war ihnen immer die Hauptsache, der unmittelbare Gegen- 
stand ihrer Reden diente ihnen immer nur als Gelegenheit, ihre 
Phrasen an den Mann zu bringen. Petrarca hatte über die dia- 
lektischen Klopfiechtereiender Scholastiker"gespottet, er hatte dahin 
gestrebt, von dem Conventionellen und [Teberlieferten zur Natur der 
Dinge zurückzuleiten. Bei diesen ersten Generationen seiner Schüler 
war dies in keiner Weise gelungen; ihre Streitigkeiten waren nicht 
minder hohl, ihr Wissen ebenso sehr Citatenkram. Und wenn es 
ein Vortheil war, dass sie, statt des bunten Gemisches verschieden- 
artiger Quellen, ausschliesslich die antiken Autoren citirten, so war 
damit der viel grössere sittliche Nachtheil innererlUnwahrheit ver- 
bunden, die fast bis zur bewussten Lüge gingfi" Petrarca, so eitel 
auch er schon gewiesen war, hatte doch ein sittliches Ideal im Auge
	        
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