LVI
Schnaasds Biographie.
Carl
gewohnter Weise. Zwar trat das Schadosißsche Haus durch wachsende
Kränklichkeit des Hausherrn, die auch zu einer längeren Reise nach
Italien führte, mehr zurück, aber dafür schloss sich mancher neue
Freund an das Schmasxrfsche Haus an. Unter den Malern besonders
Steinbrück und Schirmer, ferner der talentvolle, zu früh verstorbene
Architekt Rudolf Wiegmann, der die verständnissvollste Theilnahme
für Schnaases Kunstauffassungen hatte. Auch der Divisionsprerliger
Monje, ebenfalls früh verstorben, gehörte durch sein reges geistiges
Wesen in diesen Kreis. Uechtritz', später Immermztnns Verheirathung
brachte neue Elemente empfänglichei" Art in denselben. Das freund-
schaftliche Verhältniss zu Frau v. V., der mütterlichen Freundin seiner
Frau, und ihrem Hause blieb dasselbe, wie die Freundschaft mit der
v. Sybelschen Familie. Die Zeiten der Anfänge waren vorüber, das
Theater unter Immermanns Leitung hatte aufgehört, man sprach von
Manchem als vergangen; aber wer neu hinzutrat, fühlte doch, dass die
Künstler auf der einen Seite, und Männer, wie Schnaase, Iminermann,
Uechtritz, auf der anderen dem Leben ein besonderes geistig aristo-
kratisehes Gepräge gaben.
Schnaases schriftstellerische Arbeiten gingen langsam fort. „Zu
Kleinem habe ich keine Lust", schrieb er, „und das Grosse wird bei
den vielen Unterbrechungen und der Schwierigkeit, welche diese junge,
nach allen Seiten täglich sich erweiternde Wissenschaft macht, fast
unausführbar." Aber er liess nicht davon, und von Stufe zu Stufe
rückte
die
Arbeit
weiter.
Während des Winters 1839-
-4O las Schnaase in dem Verein derMaler
die „Divina connnedia" vor, meist in der Uebersetzung von Streckfuss,
einige Male nach Kannegiesser. Er begleitete jeden Gesang mit einer
Erläuterung, und gab ain Schlusse noch eine gedrangte Uebersicht.
Dabei hob er das Moralisch-Allegorische besonders heraus und arbeitete
sich tiefer in das ihm schon werthe Gedicht hinein. Neben der Freude,
einen Kreis theilnehmentler, empfänglicher Zuhörer zu sehen, hatte
er selbst durch das Gedicht einen grossen Genuss. „Es war", sagt
er, "wie eine Freundschaft mit dem edlen, liebevollen und tiefen Geiste
des Dichters, so dass mein Leben eine Lücke fühlte, als das Buch
beendigt war."