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Schulen
Die
Grenzlande.
östlichen und nördlichen
der
stimmtem Ausdrucke. Selbst die Apostel auf den Flügeln stehen
nicht gleichgültig und müssig, sondern schreiten in lebhaftem, ernsten
Gespräche der heiligen Scene des Mittelbildes zu. Die Köpfe sind
alle höchst individuell, der knieende König mit dem bartlosen, scharf
markirten Gesichte und dem neben ihm liegenden Herzogshute offen-
bar ein Bildniss, wahrscheinlich des Stifters. Selbst Maria kann
Porträt sein, dann aber das eines bewusst gewählten Modells, das
eine ganz andere Richtung anzeigt, als die Madonnen der Nieder-
lander. Das längliche Oval ihres Gesichts mit dem schlichten, lang
herabhangenden Haare ist von edelster Schönheit, milde und de-
müthig; aber nicht mit jugendlicher Fülle oder mit allgewinnender
Freundlichkeit ausgestattet, sondern ernst und strenge. Die Zeich-
nung ist im Ganzen, mit Ausnahme vielleicht der Gestalt des Mohren-
königs, correct und sicher, die Farbe warm und kräftig, aber nicht
von der reichen harmonischen Mannigfaltigkeit, wie in Flandern,
der Faltenwurf sehr würdig und stylvoll, der Ausdruck der Köpfe
sprechend. Die Wirkung des Bildes ist höchst bedeutend, einiger-
maassen verwandt mit Zeit.blom's Bildern; es ist derselbe schlichte,
tiefe Charakter deutscher Sinnesweise, nur dass der Meister von
Meissen den schwäbischen noch in zusammengehaltener geistiger
Energie übertrifft. Andere Bilder seiner Hand oder auch nur von
augenscheinlichem Schulzusammenhange mit ihm sind nicht bekannt
und über seinen Namen fehlt uns jede Andeutung; da er aber sich
an keine der anderen deutschen Schulen anschliesst, werden wir die
Gegend seines Auftretens auch für seine Heimath halten müssen.
In der Mark Brandenburg sind noch viele Kunstwerke er-
halten, bei denen wir aber nicht wissen, ob ihre Meister Einheimische
oder Fremde waren. Nur bei einem Kunstzweige, beim Metallguss,
scheinen die letzten überwiegend. Auf dem Taufbecken in St. Ka-
tharina, von 1421, nennt sich Ludwig Gropengheter, wohnhaft zu
Braunschweig, auf dem in der gleichnamigen Kirche zu Branden-
burg, von 1440, Pyterich Molner von Erfurt, auf dem von 1435 in
der Ulrichskirche zu Halle ein Ludolf von Braunschweig, der aber
mit seinem Sohne Heinrich ihn in Magdeburg goss, auf dem in St.
Nicolaus zu Osterberg, von 1446, Meister Volker von Mundt, also
von Münden oder Minden, und endlich auf dem von 1522 in der
Marienkirche zu Salzwedel ein Meister Hans von Köln, aber in Nürn-
berg wohnhaft. Das untergegangene niessingene Taufbecken der
Petrikirche zu Berlin hatte Heinrich von" Magdeburg im Jahre 1434
gegossen. Indessen scheint es auch hier an einheimischen Meistern
nicht ganz gefehlt zu haben, da ein Hermann Bonstede im Jahre